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Politik: Die Düsseldorfer Verfehlungen sind Staffelts Chance auf den Fraktionsvorsitz der Bundes-SPD

Ditmar Staffelt ist nicht auf den Mund gefallen, aber diesmal sagt er gar nichts. Und dieses Nichts lässt der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion durch seine Mitarbeiterin Gabriele Lenz bestellen.

Ditmar Staffelt ist nicht auf den Mund gefallen, aber diesmal sagt er gar nichts. Und dieses Nichts lässt der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion durch seine Mitarbeiterin Gabriele Lenz bestellen. Das ist natürlich kein Nein zu seiner Aussicht, in die neunköpfige Riege der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden aufzurücken. Nur müssen die 298 Abgeordneten seiner Fraktion mit Peter Struck an der Spitze über die Personalie befinden.

Wie es so geht im Leben - des einen Unglück kann des anderen Glück sein. Staffelts Chance ist die Düsseldorfer Flugaffäre. Nach dem Rücktritt von Finanzminister Heinz Schleußer hat Regierungschef Wolfgang Clement den Wirtschaftsminister Peer Steinbrück zu dessen Nachfolger und den Bundestagsfraktionsvize Ernst Schwanhold zum neuen Wirtschaftsminister bestimmt. Damit kann es für Staffelt um die Wurst gehen.

Der Mann aus Berlin-Tempelhof ist geübt im Machtpoker. Er hat schon in jungen Jahren einen Höhenflug in der Berliner Landespolitik gemacht - den er mit dem Absturz bezahlte. Doch seiner Wahl in den Bundestag 1998 folgte wieder ein Senkrechtstart, diesmal auf Bundesebene. Inzwischen ist er 50, wie eh und je ein wortgewaltiger Lockenkopf, immer temperamentvoll engagiert. Nur hat er mit den Jahren eine Barock-Figur bekommen.

In Tempelhof hat er blutjung seine parteipolitischen Übungen gemacht, an der Freien Universität studiert. 1979 zog der Diplom-Politologe mit 29 Jahren in das Abgeordnetenhaus ein, dem er ununterbrochen bis zum Wechsel in den Bundestag angehörte. 1986 bekam er den Doktorhut für seine Dissertation über den Wiederaufbau der Berliner SPD unmittelbar nach dem Krieg. Seit 1983 hatte er beruflich leitende Positionen in mehreren Unternehmen - Umwelttechnik, Osteuropa-Geschäft. Als Walter Momper 1989 Regierender Bürgermeister wurde, rückte Staffelt zum Fraktionschef auf. Er spielte den ausgleichenden Part in der streitbaren rot-grünen Koalition. Sein Verhältnis zu Momper war kühl, zu Renate Künast von den Grünen auch privat sehr innig. Nach der Einheitswahl 1990 gehörte er zu den Managern der Großen Koalition - und Verhinderern Mompers im Diepgen-Senat. Der ehemals SPD-Linke hätte den Eigenbetrieben gern private Rechtsformen verpasst, aber das litt CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky nicht; sie wurden in Anstalten öffentlichen Rechts umgewandelt.

Mompers Sturz als SPD-Landeschef 1992 war Staffelts Chance, nun auch den Parteivorsitz zu übernehmen. Einsilbig kommentierte er den Ruf nach Wolfgang Thierse, der sich prompt für den Posten des "Frühstücksdirektors" einer zerstrittenen Partei bedankte. Staffelt setzte in dramatischen Verhandlungen der widerstreitenden Flügel und Gruppen einen "integrativen" Landesvorstand unter seiner Führung durch. Der Partei- und Fraktionschef galt nun als entscheidungsstarke Nummer eins der Berliner SPD, aber das dauerte nicht lange. Die labile SPD legte ihm Handfesseln an. Und an Konflikten mit dem Koalitionspartner CDU konnte er sich auch nicht profilieren, weil die Seinen nicht geschlossen hinter ihm standen.

Zur Berliner Wahl 1995 wollte er Spitzenkandidat werden. Da überraschte ihn Senatorin Ingrid Stahmer mit ihrer Bewerbung; entnervt legte er im November 1994 den Fraktions- und Landesvorsitz nieder. Er widmete sich seinem beruflichen Fortkommen. 1995 wurde er Vorstandsmitglied in der Hölter-Gruppe und Geschäftsführer der Gesellschaft zur Energie-Erzeugung Berlin mbH und Co KG. Anfang 1998 wechselte er zur VEBA-Kommunalpartner GmbH, einer Tochter der VEBA-Immobilien.

Im Bundestag machte er als Frischling ungewöhnlich rasch von sich reden. Seine Wahl zum wirtschaftspolitischen Sprecher der Fraktion im September 1999 galt als Sensation. Dafür legte er - in Abrede mit Struck - zum Jahresende seinen Geschäftsführerposten bei der VEBA-Kommunalpartner nieder: "Wir wollten Mutmaßungen über Verquickungen von Politik und Wirtschaft vermeiden." Damit verschrieb er sich wieder ganz der Politik. Ob er die nächste Sprosse der Karriereleiter schafft, wird man Mitte Februar wissen. Dann muss die Fraktion Schwanholds Nachfolger bestellen.

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