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Politik: „Die Europäer wollen nur unser Erdöl“

Jeder zweite Russe ist für den EU-Beitritt – trotz seiner Vorurteile

Russland sucht den Schulterschluss mit dem Westen und nähert sich dabei auch an die Europäische Union an. Heute befürwortet sogar jeder zweite Russe einen Beitritt seines Landes zur EU – und das, obwohl eine Mitgliedschaft aus europäischer Sicht gar kein Thema ist. Über Russlands Verhältnis zu Europa hat das Institut für Komplexe Gesellschaftsstudien der Russischen Akademie der Wissenschaften zusammen mit der Friedrich-Ebert-Stiftung 1750 Russen befragt. Die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage zeigen, dass die Russen zwar eine Annäherung an Europa suchen, den Europäern aber zugleich Misstrauen entgegenbringen. Eine Stärkung Russlands stelle für die Länder Europas eine Bedrohung dar, daher seien diese an einem Aufschwung in Russland gar nicht interessiert – diese Aussage würden fast 48 Prozent der Befragten unterschreiben.

Große Skepsis zeigten die Befragten auch hinsichtlich der Motive der Europäer bei der Zusammenarbeit mit Russland. Westeuropa sei nur an den natürlichen Ressourcen Russlands wie Erdöl oder Gas interessiert, meinen 58,5 Prozent. Lediglich 14 Prozent glauben, Westeuropa sei tatsächlich an der Entwicklung von Demokratie und marktwirtschaftlichen Reformen in Russland interessiert. „Nach zehn Jahren europäischer Tätigkeit in Russland sind diese Ergebnisse eine Bankrotterklärung“, sagt Peter Schulze, Leiter des Moskauer Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Den außenpolitischen Kurs von Präsident Putin unterstützt die Mehrheit der Befragten. Allerdings gibt es nach wie vor eine verhältnismäßig starke Gruppe, die der Annäherung an den Westen skeptisch gegenübersteht. Fast 29 Prozent halten Putins Außenpolitik für zu „prowestlich“. Dass Russland die USA im Kampf gegen den Terror unterstützt, findet fast jeder Dritte richtig. Andererseits halten 59 Prozent diese Unterstützung zwar für notwendig, sind aber gegen eine militärische Präsenz der USA in unmittelbarer Nähe der russischen Grenze, wie in Georgien oder Zentralasien. Die USA haben in Russland in den vergangenen Jahren sogar erheblich an Sympathien verloren. 1995 verbanden noch 77,6 Prozent mit diesem Land positive Gefühle – heute sind es nur noch 38,7 Prozent.

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