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Politik: Die falsche Uniform

Von Klaus Bachmann, Den Haag Die Premiere in der niederländischen Politik war zu Ende, bevor sie begonnen hatte. Nur wenige Stunden nach ihrer Vereidigung musste sich die 44-jährige Staatssekretärin Philomena Bijlhout, das erste dunkelhäutige Kabinettsmitglied der Niederlande, zu einer Krisenberatung bei Hollands neuem Premierminister Jan Peter Balkenende begeben.

Von Klaus Bachmann, Den Haag

Die Premiere in der niederländischen Politik war zu Ende, bevor sie begonnen hatte. Nur wenige Stunden nach ihrer Vereidigung musste sich die 44-jährige Staatssekretärin Philomena Bijlhout, das erste dunkelhäutige Kabinettsmitglied der Niederlande, zu einer Krisenberatung bei Hollands neuem Premierminister Jan Peter Balkenende begeben. Ein Fernsehsender hatte Fakten über ihre Vergangenheit enthüllt, die sie Balkenende verschwiegen hatte. Bijlhout zog die Konsequenz, trat noch am gleichen Abend zurück und ging so auch noch in die Geschichte ein als Regierungsmitglied mit der kürzesten Amtszeit.

Bijlhout hatte in den 70er Jahren in Den Haag studiert, bevor sie sich entschloss, in ihr Geburtsland Surinam auszuwandern. Sie schloss sich dort den Volksmilizen des Armeechefs Desi Bouterse an, der 1980 gegen die Regierung putschte. Im Dezember 1982 wurden 15 oppositionelle Journalisten, Politiker und Anwälte ermordet. Ihre Beseitigung wurde Bouterse zur Last gelegt, der eine Militärdiktatur errichtet hatte. Zu dieser Zeit, so betonte Bijlhout bei ihrem Vorstellungsgespräch bei Premier Balkenende, habe sie den Milizen bereits den Rücken zugekehrt.

Bijlhout kehrte 1990 in die Niederlande zurück und machte dort Karriere als Journalistin, die sich mit der früheren niederländischen Kolonie Surinam und den Problemen von Niederländern, die aus den ehemaligen Kolonien stammen, beschäftigte. Sie wurde besonders als Fernsehmoderatorin und Schlussredakteurin bei der TV-Station Rijnmond bekannt. Bis Ende vergangenen Jahres galt sie eher als Anhängerin von Grünlinks, der niederländischen Spielart der Grünen, die in der Opposition sind.

Anfang des Jahres schloss sie sich der „Liste Pim Fortuyn“ an, deren am 6. Mai ermordeter Gründer einen zum Teil fremdenfeindlichen Wahlkampf führte. Bijlhouts Ernennung sollte der Partei auch helfen, von ihrem fremdenfeindlichen Image loszukommen. Auf der LPF-Liste wurde Bijlhout ins Parlament gewählt und von ihrer Partei als einziges Parlamentsmitglied in die Regierung entsandt. Die geschiedene Mutter erregte Aufsehen, als sie ihre Kinder mit in die Fraktionssitzungen nahm. Am Montagabend wurde sie als Staatssekretärin für Emanzipation und Familienpolitik im Kabinett vereidigt.

Kurz darauf zeigte der Fernsehsender RTL 4 in seinen Nachrichten Bilder, die Bijlhout noch Monate nach den Dezembermorden in Surinam in Uniform und bei der Teilnahme an Milizübungen zeigen. Es folgte die Krisensitzung bei Balkenende und ihr sofortiger Rücktritt. Mit den Morden habe sie nichts zu tun gehabt, versicherte sie. Sie wolle aber die am Montag angetretene Regierung nicht durch Diskussionen über ihre Vergangenheit belasten, sagte Bijlhout.

Premier Balkenende bedauerte den Rücktritt der Staatssekretärin, ließ aber erkennen, dass er sie nicht ernannt hätte, hätte er von ihrer Milizzugehörigkeit nach dem Dezember 1982 gewusst. Er gestand ihr zu, sie habe sich geirrt und nicht bewusst die Unwahrheit gesagt.

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