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Politik: Die Forderungen der EU-Außenminister helfen Milosevic (Kommentar)

"Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn." Diese sprichwörtliche Selbstverständlichkeit scheint den EU-Außenministern fremd zu sein.

"Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn." Diese sprichwörtliche Selbstverständlichkeit scheint den EU-Außenministern fremd zu sein. Sie verlangen von der serbischen Opposition als Vorbedingung für westliche Hilfe, dass sie sich heute öffentlich festlegt, Slobodan Milosevic und andere mutmaßliche Kriegsverbrecher an das Tribunal in Den Haag auszuliefern - für den derzeit noch nicht so richtig absehbaren Fall, dass diese Opposition einmal an die Macht kommt. In der Theorie ist dagegen nichts einzuwenden; Hilfe soll nur bekommen, wer bei der Aufklärung der Kriegsverbrechen kooperiert. Die Praxis sieht anders aus. Die Opposition ist schwach. Derzeit hat sie große Mühen, die Bürger zum Protest gegen die Diktatur auf die Straße zu bringen. Zur bisher erfolgreichen Abwehrstrategie des Slobodan Milosevic gehört es, die Oppositionellen als nationale Verräter zu diffamieren. Genau dafür hat die EU ihm mit der jetzt völlig überflüssigen Auslieferungsdiskussion einen weiteren willkommenen Vorwand geliefert. Wer Milosevic vor dem Tribunal in Den Haag sehen will, der muss zuerst alles dafür tun, dass die Opposition ihn stürzt. Erst dann haben die Nürnberger, um im Bild zu bleiben, den, den sie hängen wollen, in greifbarer Nähe. Die EU hat den zweiten Schritt vor dem ersten getan - und damit das Risiko erhöht, dass sie ihr eigentliches Ziel nicht erreicht.

cvm

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