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Politik: Die Gensaat geht nicht auf

Eine britische Regierungs-Studie widerspricht Blairs Position

Eine Analyse der britischen Regierung hat Zweifel an der Wirtschaftlichkeit genmanipulierter Agrarproduktion geäußert und damit das Dilemma des Genfood-Fans Tony Blair erhöht. „Die Regierung hatte unrecht, sich aus wirtschaftlichen Gründen für die Einführung des Gen-Anbaus einzusetzen“, sagte eine Sprecherin der britischen Ökobauern, Gundula Azeez. Der am Freitag veröffentlichte Bericht stammte von keiner geringeren Stelle als der Strategieabteilung der Downing Street. Der Anbau genmanipulierter (GM) Saaten bringe zwar gewisse „Annehmlichkeiten und Kostenvorteile für Bauern". Aber der wirtschaftliche Nutzen für das Land sei „mittelfristig beschränkt“, so die Schlussfolgerung.

Blair hatte immer wieder gefordert, die britische Biotechnologie dürfe ihren wissenschaftlichen Vorsprung nicht verlieren. Aber langfristig hängt der Analyse zufolge die Wirtschaftlichkeit der GM-Lebensmittel „von der Einstellung der Öffentlichkeit und den Möglichkeiten ab, das Regelsystem zu managen“. Im Klartext: Wer, wie die Amerikaner, massiv auf die GM-Produktion setzt, könnte an der zukünftigen Nachfrage vorbeiproduzieren. Schon jetzt hat die steigende Nachfrage nach GM-freien Lebensmitteln die weltweiten Handelsströme verändert – amerikanische Produzenten haben zum Beispiel bedeutende Marktanteile an Brasiliens GM-freie Produktion verloren. Außerdem nennt der Bericht als entscheidenden Faktor die Kosten der Systeme, genmanipulierte und konventionelle Produktion zu trennen.

Es ist die erste von drei Expertenanalysen, die Blair vor der endgültigen britischen Entscheidung über den GM-Anbau in Auftrag gegeben hat. Ein abschließendes Urteil wird nicht gefällt. Es heißt zum Beispiel, der jetzige Stand der GM-Landwirtschaft habe noch keine Produkte entwickelt, die für britische Endverbraucher wirklich interessant wären – das wäre beispielsweise eine Diät-Kartoffel. Es wird auf das enorme Potenzial der GM-Technologie für den britischen Biosektor verwiesen, man dürfe aber auch Neuentwicklungen in der konventionellen und organischen Landwirtschaft nicht übersehen.

Die britische Debatte hatte im Juni eine überraschende Wende erhalten, als der frühere Umweltminister Michael Meacher kurz nach seiner Amtsablösung Blair vorwarf, negative Berichte über die gesundheitlichen Auswirkungen der Gen-Lebensmittel unterdrückt zu haben. Meacher forderte eingehende wissenschaftliche Tests, bevor Großbritannien seine endgültige Entscheidung treffe.

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