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Politik: Die Gipfelmaschine

Brüssel bereitet sich auf das Treffen der Staats- und Regierungschefs vor

Berlin - Wer zum Gipfel kommt, braucht Orientierungssinn. Ab diesem Donnerstag werden rund 2200 Journalisten und Techniker wieder versuchen, sich im Justus-Lipsius-Gebäude an der Brüsseler Rue de la Loi zurechtzufinden. Der nach dem brabantischen Humanisten benannte klotzige Bau, in dem die Staats- und Regierungschefs der EU tagen, funktioniert nach eigenen Gesetzen. Das beginnt im Lift. Dort findet der Besucher statt der üblichen Stockwerkangaben so genannte „Niveaus“, und zwar in der Reihenfolge 20, 35 und 50.

Auf „Niveau 50“ im 5. Stock finden die Arbeitssitzungen statt, in Saal 50.1. Ursprünglich war das Konferenzgebäude, in dem der EU-Ministerrat seinen Sitz hat, gar nicht für Gipfeltreffen mit jetzt 25 Teilnehmern vorgesehen. Der Saal 50.1 musste vergrößert werden, für die zehn neuen Staats- und Regierungschefs aus den Beitrittsländern sowie für die Kabinen mit den zusätzlichen Übersetzern. Denn wenn beispielsweise Bundeskanzler Gerhard Schröder seine politische Stellungnahme abgibt, dann müssen seine Worte in die 19 übrigen EU-Amtssprachen übersetzt werden. Für den Inhalt diese Reden interessieren sich neben den Amtskollegen vor allem die Journalisten; diese haben ihre Arbeitsplätze in der ehemaligen Tiefgarage des Justus-Lipsius-Gebäudes.

Vor dreieinhalb Jahren hatten die Staats- und Regierungschefs in Nizza beschlossen, den Gipfel-Wanderzirkus durch die Hauptstädte der jeweiligen EU-Präsidentschaften zu beenden und alle wichtigen Treffen künftig nach Brüssel zu verlegen. Seit vergangenem Dezember ist das Realität. Vier Großereignisse wie das am Donnerstag und Freitag muss das Generalsekretariat des EU-Ministerrats, der auch im Justus-Lipsius-Gebäude zu Hause ist, nun pro Jahr organisieren. „Sobald ein Gipfel vorbei ist, geht schon wieder die Arbeit für den nächsten los“, sagt Dominique Marro. Er muss es wissen, denn Marro leitet die Presseabteilung des Ministerrates und organisiert die Gipfeltreffen.

Die Brüsseler nehmen es inzwischen hin, dass während der Megatreffen der Verkehr auf dem benachbarten Rond Point Schumann, einem der wichtigsten Kreuzungspunkte in der Innenstadt, regelmäßig lahm liegt. Zur Gipfelroutine gehören auch die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen. Rund um das Lipsius-Gebäude hat die belgische Polizei auch diesmal einen Absperrungsring gezogen. Beim letzten Brüsseler EU-Gipfel im März waren rund 1000 Polizisten auf der Straße; mit einem ähnlichen Aufgebot wird auch diesmal gerechnet. Darüber hinaus will der Ministerrat 80 bis 100 Sicherheitsleute bereitstellen.

Die etwa 20-köpfige deutsche Delegation mit Kanzler, Außenminister Joschka Fischer und Finanzminister Hans Eichel an der Spitze übernachtet bei Gipfeln in Brüssel inzwischen in einem festen Stammhotel. Nur der Abreisetermin ist wie im vergangenen Dezember, als schon einmal um Europas Verfassung gerungen wurde, wieder nicht richtig planbar. Der Terminkalender sieht das Ende der Verhandlungen zwar für Freitagabend vor. Vorsichtshalber hat die deutsche Delegation ihre Hotelzimmer aber bis zum Samstag reservieren lassen.

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