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Politik: Die Gnade des frühen Besuchs (Kommentar)

Helmut Kohl hat als Kanzler Jahre gebraucht, bis er die Naziverbrechen eindeutig als einmalig in ihrer Ungeheuerlichkeit bezeichnete. Doch hatte er in von Weizsäcker einen Bundespräsidenten, der mit feinem Gespür und großer Präzision nachholte, was der Parteifreund im (Um)Deutbaren ließ.

Helmut Kohl hat als Kanzler Jahre gebraucht, bis er die Naziverbrechen eindeutig als einmalig in ihrer Ungeheuerlichkeit bezeichnete. Doch hatte er in von Weizsäcker einen Bundespräsidenten, der mit feinem Gespür und großer Präzision nachholte, was der Parteifreund im (Um)Deutbaren ließ. Nachfahre Schröder hat es bisher unterlassen, alle Worte zur Vergangenheit durchs Reifebad der Vernunft gehen zu lassen. Dafür hat er, gewiss eher unbedacht als gezielt, eine fragwürdige geschichtliche Demarkationslinie gezogen: Was Kohl noch die "Gnade der späten Geburt" war, also ein unverdienter Gunstbeweis des Schicksals, das wollte Schröder schnell als leicht kündbaren Generationen-Vertrag und als "Verdienst der späten Geburt" haben. In der neuen Hauptstadt Berlin und in Sachsenhausen war beim ersten offiziellen Besuch eines israelischen Regierungschefs indes nichts zu spüren von einem Trachten, sich aus der Geschichte davon zu machen. Genauso wenig aber lässt sich die frühe Visite Baraks als ein Gunstbeweis Israels an die Schröder-Regierung umdeuten. Aber die ehemalige Reichshauptstadt Berlin ist historisch kontaminiert genug, so dass sich Schröder auf diesem heiklen Terrain schnell Verdienste erwerben kann - und auch muss.

eid

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