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Politik: Die Herren der 40 Prozent

Von Robert von Rimscha Horst Seehofer sieht eine „Herkulesarbeit“ auf sich zukommen. Und Edmund Stoiber beschreibt ein „sehr ehrgeiziges Ziel".

Von Robert von Rimscha

Horst Seehofer sieht eine „Herkulesarbeit“ auf sich zukommen. Und Edmund Stoiber beschreibt ein „sehr ehrgeiziges Ziel". Beide meinten das Gleiche: Die Reform der sozialen Sicherungssysteme. Jener, der die Arbeit schultern soll, ist der Ex-Gesundheitsminister. Stoiber stellte ihn am Dienstag als sechstes Mitglied seines Kompetenzteams in Berlin vor. Sozialversicherungsbeiträge von unter 40 Prozent stehen im Wahlprogramm der Union, zurzeit liegen sie bei 41,3 Prozent. Stoiber will die Reduzierung erreichen, indem die Arbeitslosenversicherung bis 2006 um mindestens einen Prozentpunkt gesenkt wird. Voraussetzung wäre aber, dass Kranken- und Rentenbeiträge nicht weiter ansteigen. Man werde „alles tun, um sie zu halten“, man werde dafür arbeiten, dass weitere Steigerungen „möglichst unterbleiben“ – in solch vorsichtigen Formulierungen sprachen der Kanzlerkandidat und sein Sozialpolitiker über das schwierige Vorhaben.

Auch persönlich sei er sehr froh, „um nicht zu sagen glücklich“, dass Seehofer sein Team verstärke, sagte Stoiber. Der Ingolstädter hat die ungewöhnlichsten Monate seines Lebens hinter sich. Was im Dezember wie eine Grippe begann, entpuppte sich als schwere Entzündung des Herzmuskels. Wochenlang zögerte Seehofer den Gang zum Arzt hinaus. Dann war es fast zu spät. In der Intensivstation wurde ihm offenbart, dass es nur zwei Optionen gab: Transplantation oder Gottesvertrauen. Seehofer wurde absolute Ruhe verordnet. Sein Herz schaffte gerade noch zehn Prozent seiner normalen Leistung.

Es folgten fünf Wochen Klinikaufenthalt, Reha-Klinik und Therapie schlossen sich an. Zu Ostern wurde Seehofer entlassen; sein Herz hatte wieder 50 Prozent der Normalleistung erreicht. Jetzt ist er 53 geworden und fast wieder der Alte. Als Seehofer am Dienstag die „strikte Patientenorientierung“ des Gesundheitssystems als „Kernpunkt“ seiner Vorstellungen bezeichnete, fehlte der Hinweis auf die eigene Krankheit nicht. Als weitere Reform benannte er die Aufhebung der starren Budgets, die durch mehr Wettbewerb, Selbstbestimmung und Patienteninformationen ersetzt werden sollen.

Stoiber sieht dies als Abschied von der „rot-grünen Zwei-Klassen-Medizin". In der Rentenpolitik kündigte er eine Rückkehr zum demografischen Faktor an, der das Rentenniveau an den Altersaufbau in Deutschland koppelt. Aus den elf Kriterien, die zur Zertifizierung von Riester-Renten nötig sind, sollen zwei werden. Vor allem soll das Wohneigentum als Altersvorsorge voll anerkannt werden. Als entscheidend für alle sozialpolitischen Reformen nannte Stoiber wirtschaftliche Genesung. „In Wahrheit betreibt derjenige sozialen Raubbau, der Deutschland zum wirtschaftlichen Schlusslicht in Europa gemacht hat.“ Angela Merkel sagte, dass die „sehr unterschiedlichen Vorstellungen“ der Sozial- und Wirtschaftspolitiker innerhalb der Union ein Grund für die Wahlniederlage 1998 gewesen seien. Heute sei das anders, so die CDU-Chefin. Heute habe die Union die Wirtschafts- und Sozialpolitik „in einen gemeinsamen Ordnungsrahmen gebracht".

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