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Politik: Die KFOR-Friedenstruppe übt den schwierigen Umgang mit der Befreiungsarmee UCK

Ein KFOR-Checkpoint in Gnjilane, einer Ortschaft auf halber Strecke zwischen Pristina und der mazedonischen Grenze. Im Niemandsland zwischen den beiden Kontrollposten sind drei Albaner gestrandet.

Ein KFOR-Checkpoint in Gnjilane, einer Ortschaft auf halber Strecke zwischen Pristina und der mazedonischen Grenze. Im Niemandsland zwischen den beiden Kontrollposten sind drei Albaner gestrandet. Zwei junge Männer hocken im Schatten ihres Autos. Scheinbar teilnahmslos beobachten sie, wie ihre Begleiterin auf die beiden US-Soldaten einredet, die die kleine Gruppe mit gesenkten Gewehren bewachen. Der Offizier am Spähpanzer erklärt, warum die Albaner festgehalten werden. "Sie haben UCK-Symbole in der Öffentlichkeit verwendet." Auf der staubigen Ablage des Panzers, neben dem Sprechfunkgerät, liegt das Corpus delicti: Der Wimpel der kosovo-albanischen Untergrundarmee mit dem schwarzen Adler auf rotem Grund und dem Schriftzug UCK.

Diese Albaner, hatte der amerikanische Offizier am Checkpoint von Gnjilane mit einem Kopfschütteln erklärt, sie wüssten ganz genau, dass die Symbole der UCK nun verboten seien. Aber erst beim Anfahren des Checkpoints hätten sie versucht, den Wimpel zu verstecken. Vorher seien sie damit durch eine Reihe von Dörfern mit mehrheitlich serbischer Bevölkerung gefahren. Und als der Kontrollposten das UCK-Fähnchen konfiszieren wollte, hätten sie auch noch "stolz und verächtlich" reagiert. Jetzt lasse er die drei ein bisschen schmoren, bis sie weiterfahren dürften. Es gehe nicht darum, ihren Stolz auf die kosovarische Freiheitsbewegung zu brechen. Sie müssten nur lernen, niemanden damit zu provozieren.

Die Einstellung der albanischen Bevölkerung des Kosovo und die der alliierten Friedenstruppe des Landes zur UCK haben sich seit dem Kriegsende auseinander entwickelt. Die Albaner sind stolz auf den errungenen Sieg über die serbischen Unterdrücker. Sie setzen große Hoffnungen auf die Rolle der ehemaligen Kämpfer beim Aufbau eines autonomen Gemeinwesens. "Wenn die UCK nicht zur regulären Polizeitruppe des Kosovo wird, haben wir umsonst gekämpft", sagt Muhamet Krasniqi, ein Taxifahrer und ehemaliger UCK-Kämpfer. Die Kosovo-Albaner sahen ihre Armee und die Nato-Truppen während des Krieges und in den ersten Wochen danach als Verbündete.

Die KFOR-Truppen ließen sich denn auch gerne von "Nato, UCK"-Sprechchören im Kosovo empfangen. Mittlerweile jedoch herrscht Besorgnis über die Unberechenbarkeit der UCK vor. Offiziell lobt KFOR-Kommandeur Mike Jackson, daß die Befreiungsarmee das Entwaffnungsabkommen einhält. Aber inoffiziell ist im KFOR-Hauptquartier in Pristina anderes zu hören: Zweifellos gebe es versteckte Waffen, und der Schmuggel von Kriegsgerät über die albanische Grenze könne zu jeder Zeit wieder aufleben. Der Verbindungsoffizier der britischen Armee, David Pashen, räumt lediglich ein, dass es zwischen Vertretern beider militärischen Kräfte weiterhin regelmäßige Treffen gäbe, bei denen es um die Entmilitarisierung und um den Aufbau der Zivilverwaltung gehe. Dabei hätten UCK-Führer auch Anspruch auf die Übernahme demobilisierter Kämpfer in eine reguläre Polizeitruppe erhoben.

"Wir können dem selbstverständlich nicht entsprechen", betont Pashen. Die Polizei müsse schließlich unparteiisch sein. Seit einer Woche werben die Vereinten Nationen in der Hauptstadt des Kosovo tatsächlich Polizisten an. Jede Frau und jeder Mann ab 20 Jahren, mit Oberschulbildung, guter Gesundheit und Bereitschaft zu ethnischer und religiöser Toleranz könne sich bewerben, heißt es auf Plakaten an Häuserwänden. Sollten sich ehemalige UCK-Kämpfer melden, sagt Pashen, werde sich im Bewerbungsgespräch zeigen, ob sie diese Voraussetzungen erfüllten. Es scheint, als solle die UCK durch die Konsulationen ruhig gestellt und so lange hingehalten werden, bis endlich der demokratisch legitimierte Führer der Kosovo-Albaner, Ibrahim Rugova, ins Land zurückkehrt.

So hatte sich UCK-Kommandant Sejdi Veseli den Lohn seiner Arbeit nicht vorgestellt. "Wir haben den Krieg gemacht und die Nato in das Kosovo gebracht. Das hätte der Pseudopazifist Rugova nie geschafft", sagte er in Pristina dem Tagesspiegel. Jetzt erwartet Veseli von der internationalen Gemeinschaft die Garantie, dass Albaner "nie wieder unter der Herrschaft der Serben leben müssen" und die Perspektive der "Wiedervereinigung mit Albanien". Der 50-jährige Veseli erklärt, er sei seit dreißig Jahren im Untergrundkampf "der UCK und ähnlicher Organisationen" engagiert. Fast zehn Jahre seines Lebens habe er als "Feind des Sozialismus und als Separatist" in jugoslawischen Gefängnissen verbracht. Nach dem Medizinstudium an der Universiät Pristina sei er - neben seiner illegalen Tätigkeit - im Labor des Universitätsklinikums angestellt gewesen, bis er 1984 zum ersten Mal verhaftet worden sei. Im Krieg leitete Veseli im Rang eines Majors Operationen in den Bergen an der Nordostgrenze zu Serbien.

Jetzt versucht Veseli, wieder im zivilen Leben Fuß zu fassen. "Ich bin nach 15 Jahren zurück in meinem alten Job", sagt Veseli. Er leite jetzt das Labor des Klinikums. "Aber ich bin jeder Zeit bereit, wieder für mein Land zu kämpfen. Sollte es zum Beispiel Probleme mit den Russen geben, werden wir sie mit Waffen lösen."

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