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Politik: Die Kolonialmacht Portugal wandelt sich zum Fürsprecher der Selbstbestimmung

Portugal, die frühere Kolonialmacht Ost-Timors, ist seit Jahren der größte Fürsprecher einer politischen Selbstbestimmung dieses Inselteils. Nun, nach der neuen Gewaltwelle, die der Abstimmung über die Zukunft Ost-Timors folgte, stehen die Portugiesen auch in der ersten Reihe jener Staaten, die den Einmarsch einer internationalen Schutztruppe fordern.

Portugal, die frühere Kolonialmacht Ost-Timors, ist seit Jahren der größte Fürsprecher einer politischen Selbstbestimmung dieses Inselteils. Nun, nach der neuen Gewaltwelle, die der Abstimmung über die Zukunft Ost-Timors folgte, stehen die Portugiesen auch in der ersten Reihe jener Staaten, die den Einmarsch einer internationalen Schutztruppe fordern.

Portugal wäre ohne Zweifel mit einer größeren Truppeneinheit zur Stelle, auch, weil man sich in Lissabon immer noch verantwortlich für die frühere Kolonie fühlt. Nicht nur, weil die Vereinten Nationen nie Indonesiens Machtübernahme anerkannten und Portugal bis heute als legitime Verwaltungsmacht Ost-Timors betrachten. Sondern auch, weil Portugal ein ziemlich schlechtes Gewissen gegenüber seiner früheren Übersee-Besitzung hat, eine Besitzung, die es drei Jahrhunderte lang ausbeutete, bevor man die Region sich selbst, sprich dem Bürgerkrieg, überließ.

Schon Mitte des 17. Jahrhunderts baute die damalige Seefahrer-Weltmacht Portugal Timor zu einem Handelsstützpunkt aus. Gerühmt wurde das Sandelholz der Insel, das wegen seines guten Geruchs und seines heilenden Öls im Mutterland geschätzt war. Hundert Jahre später, 1742, wurde die Insel nach dem Krieg mit den Holländern geteilt. Portugal behielt den Osten, unternahm während seiner Herrschaft jedoch nichts zur Entwicklung des Landes. Es schickte lediglich Missionare, aber auch Verbannte kamen auf die Insel. Als sich Portugal 1975, ein Jahr nach dem Ende der Diktatur im Mutterland, überstürzt und planlos aus Ost-Timor zurückzog, hinterließen die Kolonialherren ein armes und ruiniertes Land, in dem rivalisierende Gruppen um die Macht auf der Insel kämpften. Das Chaos macht sich Indonesien zunutze.

Die Indonesier besetzten die Region. Im folgenden Krieg gegen die Timorer starben rund 200 000 Menschen. Es dauerte dann über 20 Jahre, bis zum Ende des indonesischen Suharto-Regimes 1998, bis endlich ein Hoffnungsschimmer auftauchte: Portugal und den Vereinten Nationen gelang es, mit Indonesien ein Referendum über die Unabhängigkeit auszuhandeln.

"Es ist Zeit für Indonesien und die internationale Gemeinschaft zu verstehen, dass Indonesien nicht länger in der Lage ist, Recht und Ordnung aufrecht zu erhalten", sagte nun Portugals Regierungschef Antonio Guterrres, nachdem das Referendum die Gewaltspirale wieder angeheizt hatte. Guterres fordert eine bewaffnete UN-Intervention auf der Insel. Außerdem müssten die Weltmächte und die globalen Finanzinstitute Druck machen, damit Indonesien die Unabhängigkeit Ost-Timors anerkenne und seine mordenden Milizen zurückziehe. "Ich glaube nicht, dass Indonesien sich widersetzen kann." Indonesien hängt nach seiner schweren Wirtschaftskrise am Tropf des Internationalen Währungsfonds und erhält Milliarden-Hilfen.

Ralph Schulze

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