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Politik: Die Kommunistische Plattform in Sachsen-Anhalt macht dem Bundestags-Fraktionschef Vorwürfe

Betrachtet man die Wortwahl der jüngsten Grundsatzdebatte innerhalb des PDS-Landesverbandes Sachsen-Anhalt, man mag kaum noch glauben, dass die Kontrahenten dieses Streits Mitglieder ein und derselben Partei sind. Anlass für den Richtungsstreit sind Kommentare der Kommunistischen Plattform (KPF) des Landesverbands zu den Thesen des Parteivorstands über ein neues PDS-Parteiprogramm.

Betrachtet man die Wortwahl der jüngsten Grundsatzdebatte innerhalb des PDS-Landesverbandes Sachsen-Anhalt, man mag kaum noch glauben, dass die Kontrahenten dieses Streits Mitglieder ein und derselben Partei sind. Anlass für den Richtungsstreit sind Kommentare der Kommunistischen Plattform (KPF) des Landesverbands zu den Thesen des Parteivorstands über ein neues PDS-Parteiprogramm. "Wir müssen aufpassen, dass Gregor Gysi nicht zum Gorbatschow der PDS wird", heißt es in der KPF-Stellungnahme zu den Thesen: "Er verspricht uns Demokratischen Sozialismus - heraus kommt immer nur Kapitalismus." Die Kraft, die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln mit revolutionären Mitteln grundlegend zu verändern, habe die PDS 1989 verspielt, heißt es in einem KPF-Papier weiter, "nicht zuletzt mit aktiver Mitwirkung jener, die sich damals an die Spitze der Partei gesetzt haben, die mit dem großen Besen unsere DDR gründlich ausgefegt haben".

Mit ihrem Papier habe die KPF den Gründungskonsens der PDS nicht mehr nur in Frage gestellt, sondern ihn endgültig gebrochen, findet Landesparteisprecher Thomas Drzisga. "Auch in einer in ihrem Selbstverständnis pluralistischen Partei sollte es Grenzen geben", meint er. "Es ist unredlich, wenn einerseits der Pluralismus so genutzt wird, wie es die KPF tut, er aber andererseits strikt bekämpft wird, wie es die KPF ebenfalls tut." An Stelle der KPF-Mitglieder würde er gründlich darüber nachdenken, ob er noch in der richtigen Partei sei.

Mit seinen Erwiderungen auf das KPF-Papier hat Drzisga einzelne Altkommunisten seiner Partei offenbar erst recht herausgefordert. Er solle sich an den Herbst 1989 zurückerinnern, fordert etwa das Magdeburger KPF-Mitglied Dieter Hainke seinen Parteisprecher auf. "Jene Zeit war geprägt durch eine Massenpsychose ohnegleichen", findet Hainke. Damals seien die "bewahrenswerten Errungenschaften der DDR tatsächlich verspielt worden". Schließlich bemüht sich Hainke auch noch recht erfolgreich, den Verfassungsschützern und Innenpolitikern des Bundes und der Länder die Begründung für deren Einschätzung der KPF als verfassungsfeindlich zu liefern: "Mit dem angeblich objektiv unvermeidlichen Untergang des europäischen Sozialismus, einschließlich der UdSSR, rechtfertigen kleinmütige Sozialisten nur ihre mangelnde Bereitschaft, einen erneuten Anlauf auf höherem Niveau vorzubereiten." Für die stellvertretende Landesvorsitzende Andrea Dornbusch widerspiegeln derartige Aussagen der KPF jenen Schlüsselsatz, mit dem schon zu DDR-Zeiten parteiinterne Kritiker der SED-Politik regelmäßig mundtot gemacht worden sind: "Bist Du für oder gegen den Frieden?"

Besonders schlimm ist für die PDS-Vizechefin die Aussage Hainkes, dass noch immer mehr als die Hälfte der Menschheit im Sozialismus lebe und als Beleg für diese Aussage sein Verweis auf China. "Wenn es Sozialismus ist, wo Menschen zusammen geschossen werden, weil sie öffentlich eine andere Meinung vertreten, dann bin ich gegen den Sozialismus", erklärt Andrea Dornbusch öffentlich. "Und wenn dies das Sozialismusverständnis der PDS ist oder wieder werden sollte, dann bin ich in der falschen Partei."

Eberhard Löblich

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