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Während der islamistischen Besatzung im Norden Malis sind Hunderte Frauen vergewaltigt worden. Die Verbrechen sind nie verfolgt worden.

© AFP

Die Krise in Mali: Sexuelle Gewalt in Mali bleibt wohl ungesühnt

Der Strafgerichtshof wird das Thema nicht angehen. Auch die Bundesregierung zeigt wenig Interesse.

Die Grünen kritisieren die Bundesregierung für ihren Umgang mit der Aufarbeitung der sexualisierten Gewalt während der islamistischen Besatzung in Nordmali. Der Entwicklungspolitiker der Partei, Uwe Kekeritz, rügt, dass das Auswärtige Amt (AA) auf seine Anfrage hin keine Stellung dazu bezieht, ob und wie die strafrechtliche Verfolgung der Verbrechen unterstützt werden soll.

Die Regierung Malis hatte im Sommer 2012 den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gebeten, die Menschenrechtsverletzungen während der Besatzung durch mehrere islamistische Milizen zu ermitteln und strafrechtlich zu verfolgen. Mali war zu diesem Zeitpunkt kaum noch handlungsfähig. Damals eroberte eine Allianz aus Tuareg-Rebellen, die aus Libyen nach Mali zurückgekehrt waren, und islamistischen Milizen die großen Städte im Norden des Landes: Timbuktu, Kidal und Gao. Gleichzeitig zettelte eine Fraktion der Armee einen Militärputsch an, der es den Kämpfern leicht machte, das halbe Land zu besetzen. Erst als Frankreich eine Interventionstruppe schicke, die später von der Afrikanischen Union und den UN in eine Friedenstruppe umgewandelt wurde, wurde der Vormarsch der Islamisten gestoppt. In dieser Krise traute die malische Übergangsregierung ihren eigenen Sicherheits- und Justizbehörden nicht mehr und überwies den Fall an den IStGH in Den Haag.

Verhandelt wird in Den Haag wegen der zerstörten Kulturgüter

Im Frühjahr hat der IStGH einen Prozess gegen den Islamisten Ahmad al Mahdi eröffnet, der an der Zerstörung von Grabmalen in Timbuktu beteiligt gewesen war, die von der UN-Kulturorganisation Unesco zum Welterbe erklärt worden waren. Allerdings ist kaum damit zu rechnen, dass der IStGH auch die anderen Besatzungsverbrechen noch verhandeln wird. Er sieht seine Aufgabe darin, exemplarisch Recht zu sprechen. Der Aufwand ist ihm zu hoch. Kekeritz ist froh, dass die Zerstörung der Grabmale vor Gericht verhandelt wird. Denn die Strategie der Islamisten war es, das kulturelle Gedächtnis zu zerstören und damit die Identität.

Aber Kekeritz findet, dass die Aufarbeitung nicht damit enden sollte. „Frauen und Mädchen in Nordmali wurde unerträgliches Leid angetan“, sagte er dem Tagesspiegel. „Die Tatsache, dass die Taten nicht aufgearbeitet werden, geschweige denn vor Gericht landen, macht mich fassungslos.“ Er sagt: „Auch die Gewalt gegen Frauen und Mädchen muss konsequent aufgearbeitet und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“ Er erwarte von der Bundesregierung, „dass die das Thema Frauenrechte ganz oben auf ihre außen- und entwicklungspolitische Agenda setzt“.

Die Bundeswehr ist in Mali im Mehrfacheinsatz

Das hat die Bundesregierung offenbar nicht vor. In ihrer Antwort, die dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es: „Die Bundesregierung unterstützt den malischen Friedens- und Versöhnungsprozess durch eine Vielzahl von Maßnahmen.“ So sei Deutschland an der UN-Friedensmission Minusma beteiligt und an der Ausbildungsmission für die malische Armee EUTM, die von der EU verantwortet wird. Im Zuge der Ausbildungsmission seien „Leitlinien zum Umgang mit weiblichen Opfern von Gewaltverbrechen“ erarbeitet worden, heißt es weiter. Außerdem fördere das AA ein Projekt des UN-Entwicklungsprogramms UNDP, das die Kompetenz von Justizbehörden bei der Strafverfolgung von „konfliktbezogenen Fällen“ stärken soll. Die eigentliche Frage von Kekeritz, wie die Bundesregierung die Aufarbeitung der sexualisierten Gewalt während der Besatzung unterstützen will, beantwortet Staatsminister Michael Roth dagegen nicht.

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