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Die Fahnen der Bundesländer.

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Die Länder und der Bund: Einigkeit macht stark

Ob Flüchtlinge, Finanzen oder Energie: Selten zuvor war die Ministerpräsidentenkonferenz so einflussreich wie in diesem Jahr. Die Kanzlerin weiß, was sie an den Länderchefs hat.

Es ist ein Kürzel, das im politischen Berlin jeder einigermaßen Kundige kennt: MPK. Mitarbeiter in Bundesministerien bis hinauf in die Ressortleitungsebene, auch Abgeordnete im Bundestag, und hier vor allem die Haushälter, verbinden keine guten Gefühle damit. Denn die Ministerpräsidentenkonferenz gilt als potenziell kostenträchtige Veranstaltung. Oder wie es eine resolute Bundesministerin einmal formulierte: „Die in den Ländern sind doch alle vom Stamme Nimm.“ Eine solche Einschätzung wird von den Stammesangehörigen zwar regelmäßig und empört zurückgewiesen. Aber als Kollektiv der aufgehaltenen Hände sind sie halt verschrien, die Ministerpräsidenten und ihre Konferenz.

Gerade haben sie sich wieder getroffen in der MPK, in der Nähe von Rostock, denn der Vorsitz geht reihum und derzeit ist Mecklenburg-Vorpommern dran. Wie es heißt, waren sie sehr zufrieden mit sich. Denn in den Kämpfen mit denen vom Stamme Gibnix im Bund haben sich die Ministerpräsidenten zuletzt als recht stabile Phalanx erwiesen. Beim Finanzausgleich ist es ihr Modell, das sich durchgesetzt hat und damit das föderale Geldverteilen für die nächste politische Halbgeneration bestimmt, also etwa bis 2030. Ein großer Erfolg, den man ihnen lange gar nicht zugetraut hatte.

Den Bund vergeblich arm geredet

Aber die vorweihnachtliche Selbstbescherung mit einer 16:0-Vereinbarung in der Landesvertretung von Bremen im vorigen Dezember hat gehalten und alle Versuche des Auseinanderdividierens und Mit-anderen-Dingen-Vermengens seitens des Bundesfinanzministers überstanden. Dass Wolfgang Schäuble und einige hilfsbereite Bundestagsabgeordnete dabei versucht haben, den Bund arm zu reden, hat natürlich wenig geholfen. Denn jeder Bundespolitiker, der einmal in die Landespolitik gegangen ist (oder aus ihr kommt oder mal bei einer Koalitionsverhandlung in einer Landeshauptstadt ausgeholfen hat), weiß um die etwas weniger üppigen Haushaltsstrukturen in den Ländern.

Natürlich sind die Ministerpräsidenten ganz gut darin, ihre Klagelieder in Berlin vorzutragen (darin übertroffen nur noch von den Kommunalverbänden). Aber dass Schäuble nun über die bisherigen Abschlagszahlungen hinaus an die Länder 2,55 Milliarden Euro für Flüchtlingskosten überweisen muss, dürfte im Kreis der Ministerpräsidenten für Genugtuung sorgen. Denn es bestätigt ihre ständige Behauptung, der Bund beteilige sich nicht im erforderlichen Maß. Dass aber, mit Ausnahme beim Thema Geld und mit Ausnahme des Kollegen Horst Seehofer, die Ministerpräsidenten ohne größeres Gemecker Angela Merkels Linie mitgetragen haben, hat die Kanzlerin sicher beeindruckt. Jedenfalls soll sie in der hitzigen nächtlichen Debatte vor gut einer Woche vor der Einigung zum Finanzausgleich den Ländern gegenüber eher freundlich gewesen sein.

Zentrale Rolle

Und Merkel weiß, wie sehr sie die Länderchefs braucht. In ihrem Regierungssystem spielt die MPK schon länger eine zentrale Rolle und hat den Bundesrat als Entscheidungszentrum verdrängt. Ob föderale Finanzen, Energiewende, Flüchtlinge, früher die Bildung: Das Gipfeln mit den Ministerpräsidenten ist unter Merkel zur Dauereinrichtung geworden. Im exklusiv-exekutiven Kreis wird Entscheidendes ausgedealt, auf dass die Länderchefs es dann in ihren Koalitionen und im Bundesrat durchdrücken. Und deshalb steht die Kanzlerin auch mal auf deren Seite und nicht bei ihren eigenen Ministern. Es ist von daher kein Wunder, dass über die Zusatzvereinbarungen im Finanzausgleichsbeschluss, vor allem über die Bundesfernstraßengesellschaft, nun unter Aufsicht des Kanzleramts verhandelt wird. Die Ministerpräsidenten werden hier noch einiges anmerken, Wolfgang Schäuble, Sigmar Gabriel und Alexander Dobrindt dürften noch einigen Ärger mit ihnen haben.

Die Gemeinsamkeit vom vergangenen Dezember hat die MPK starkgemacht. Ähnlich einig und ähnlich mächtig wie in diesem Jahr war sie seit ihrer Gründung 1947 nur selten. Dass sich aktuell (im Gegensatz zu den Zeiten der Lafontaines, Schröders, Kochs und Stoibers) kein MP als Kanzlerkandidat wirklich aufdrängt, sollte man daher nicht als Zeichen nehmen, dass der Kreis der Ministerpräsidenten schwach besetzt ist.

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