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Politik: Die Landrätin kitzelt weiter

Aber da sich keine Personalalternative zu Stoiber auftut, bleibt der CSU-Chef vorerst unangefochten

Von Robert Birnbaum

Das Dumme an den Rebellen sei, sagt einer aus der CSU, dass sie sich meist sehr schnell überschätzten. Der Mann gehört zu denjenigen in der bayerischen Staatspartei, die sich eigentlich ganz prima eine Zukunft ohne Edmund Stoiber ausmalen können. Aber so, wie sich die Gabriele Pauli das vorstelle, werde es gewiss nicht laufen. Eine Mitgliederbefragung für den nächsten Ministerpräsidenten-Kandidaten, und dann soll auch noch ein Parteitag künftig die wichtige Personalie entscheiden statt wie seit jeher die Landtagsfraktion in München? Der Mann schüttelt den Kopf.

Ob die Fürther Landrätin Pauli selbst im Ernst glaubt, dass sie mit ihren basisdemokratischen Vorschlägen auch nur den Hauch einer Chance hat? Pauli sitzt lange genug im CSU-Vorstand, um zu wissen, dass der Kleine Parteitag im Frühjahr, bei dem sie ihren Antrag stellen will, im Gegensatz zum normalen Landesparteitag eine reine Funktionärsversammlung ist mit einem natürlichen Misstrauen gegen allzu viel förmliche Mitsprache der Basis. Aber die Frau, über die Stoibers Büroleiter in der „Spitzel-Affäre“ stürzte, hat offenbar die Chance gereizt, die so ein Antrag in ihrem Guerillakampf gegen den amtierenden Landesvater bieten könnte. Sie werde, hat Pauli jedenfalls zwei Presseagenturen gesagt, den Antragstext nach ihrem Urlaub im Januar auf ihre Homepage stellen. Und da könnten ja dann alle CSU-Mitglieder ihre Unterstützung signalisieren, die mit dem Vorschlag sympathisierten. Man kann sich also schon mal ausmalen, wie die rebellische Landrätin mit einem dicken Stapel ausgedruckter Sympathie-Mails beim Kleinen Parteitag erscheint – nach Lage der Dinge allesamt indirekte Misstrauenserklärungen an die Adresse Stoibers.

Der PR-Effekt ist also fast garantiert. In der Sache dürfte die Idee der Basis-Beteiligung allerdings keine Chance haben. Eine „Phantomdiskussion“ nennt der Chef der Jungen Union in Bayern, Manfred Weber, Paulis Vorschlag; und er nennt auch einen ganz schlichten Grund für diese Einschätzung: Es gebe schließlich gar keinen Gegenkandidaten zu Edmund Stoiber. Sowohl Innenminister Günther Beckstein als auch Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer hätten schließlich öffentlich erklärt, dass sie nicht gegen Stoiber antreten würden.

Nun weiß jeder, dass derlei feierliche Erklärungen in der realen Machtpolitik von begrenzter Haltbarkeit sind. Aber es spricht tatsächlich einiges dafür, dass ein Stoiber-Sturz, sollte es denn so weit kommen, nicht als offenes Gefecht gegen einen Gegenkandidaten vollzogen würde. So hat das die CSU nämlich noch nie gemacht. Sie hat immer erst den einen abserviert und dann den nächsten auf den Schild gehoben. Wenn also eine kritische Masse der Parteioberen im Laufe dieses Jahres zu dem Schluss kommen sollte, dass mit dem Kandidaten Stoiber die nächste Landtagswahl 2008 nicht mehr hinreichend sicher zu gewinnen wäre, dann wäre der ordentliche Parteitag im Herbst 2007 der logische Ort und Zeitpunkt für das Abservieren. Da muss sich Stoiber als Parteichef zur Wiederwahl stellen. Akzeptiert ihn die Partei noch einmal, ist ihm die Ministerpräsidenten-Kandidatur so gut wie sicher. Auch Weber hält den Parteitag für das entscheidende Datum: Dort werde sich zeigen, ob die Partei hinter ihrem Vorsitzenden stehe.

Bisher sind die Anzeichen gering, dass es nicht so sein könnte. Zwar haben sich im Zuge der Spitzel-Affäre noch ein paar mehr Christsoziale aus der Provinz mit Zweifeln an Stoiber zu Wort gemeldet. Und die Affäre hat dem Ministerpräsidenten, wie selbst politische Nahestehende einräumen, Schaden zugefügt: Dass sein Bürochef Michael Höhenberger Erkundigungen darüber eingezogen haben soll, was man der lästigen Frau Pauli ans Zeug flicken könnte, ist – egal ob Stoiber davon wusste oder nicht – Zeichen von Schwäche und Unsicherheit.

Doch trotz alledem hat Stoiber einen Trumpf auf seiner Seite gehabt: Den Mangel an Alternativen. „Es gibt derzeit keinen Besseren“, sagt JU-Chef Weber. Das ist zwar gemessen an den früher üblichen Hymnen auf den Landesvater ein „derzeit“ recht kühles Lob. Aber sollte sich die CSU Ende 2007 entschließen, noch einmal mit Stoiber anzutreten, würden die Hymnen schon rechtzeitig wieder einstudiert.

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