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Die Linke: Marx oder Murks

Immer mehr Trotzkisten besetzen Posten in der Linkspartei, sie kommen zum Beispiel aus einer Gruppierung mit dem neuen Namen "Marx 21"

Von Matthias Meisner

Die junge Genossin lässt sich von ihren Parteifreunden zur Heldin machen. „Sich anpassen bringt nichts“, überschreibt „Clara“, das Magazin der Linksfraktion im Bundestag, ein Porträt über Lucia Schnell, Referentin der Fraktion für Hochschulpolitik. Die 29-Jährige, so ist zu lesen, war Klassensprecherin an ihrer Freiburger Schule und rebellierte in Bolivien, bevor sie Mitarbeiterin Oskar Lafontaines wurde. Ein wichtiger Fakt bleibt in dem doppelseitigen Porträt unerwähnt: Lucia Schnell ist Funktionärin der trotzkistischen Gruppe „Linksruck“, die sich unter neuem Namen „Marx 21“ in der Linkspartei verankert hat.

Viel Gerede über die vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestufte Organisation soll es nach dem Willen von Partei- und Fraktionsführung nicht geben. So ist zu erklären, dass auch eine andere langjährige Aktivistin von „Linksruck“ ungestört in der Linkspartei Politik machen darf – Janine Wissler in Hessen, inzwischen zur Vizefraktionschefin im Wiesbadener Landtag aufgestiegen. Geht es hart zur Sache, stiehlt die 27-jährige Marxistin Mal um Mal dem eigentlichen Fraktionschef Willi van Ooyen die Show.

Anders als die Trotzkistengruppe „Sozialistische Alternative“ um die Berlinerin Lucy Redler, die gerade ihre Aufnahme in der Linkspartei durchsetzen will, hat „Linksruck“ alias „Marx 21“ wichtige Posten in der Linkspartei besetzen können. Für den Verfassungsschutz gibt diese Infiltration zusätzliche Hinweise auf linksextremistische Bestrebungen der PDS-Nachfolgepartei – bisher hatte der Geheimdienst vornehmlich die Aktivitäten der Kommunistischen Plattform angeprangert. Inzwischen enthält der Verfassungsschutzbericht mehrere Absätze über ehemalige „Linksruck“-Mitglieder, die an „herausgehobener“ Stelle versuchten, die Linkspartei zu beeinflussen. Verwiesen wird unter anderem auf den Mitarbeiterstab der Bundestagsfraktion.

Neben Wissler, die auch Bundesvorstandsmitglied ist, namentlich im Verfassungsschutzbericht erwähnt wird Christine Buchholz, die sogar dem geschäftsführenden Vorstand der Linkspartei angehört und den Mitgliederrundbrief mit verantwortet. Im Internetauftritt von „Marx 21“ ging Buchholz erst dieser Tage gegen den Anspruch der Linkspartei vor, in Ländern wie Brandenburg, Thüringen und im Saarland an den Landesregierungen beteiligt zu werden. Das Durchschlagen der Finanzkrise auf die Haushalte „macht jede Regierungsbeteiligung zum Selbstmordunternehmen für die Partei Die Linke“, warnte Buchholz. „Murks 21“, höhnt der Reformerflügel der Partei über das marxistische Netzwerk „Marx 21“. Auch in der Führung fanden manche „einfach doof“, dass sich Buchholz gegen jede Regierungsbeteiligung ausgesprochen hat. Andererseits rechnen viele den Marxisten an, dass diese das Projekt Linkspartei immer befürwortet haben. Ein Spitzenmann sagt: „Leute, die gegen die Parteilinie agieren, werden bekämpft. Wer das nicht tut, wird toleriert.“

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