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Jungpolitiker Georg Heyn.

© Marie Rövekamp

Die Macher von morgen: Zwischen Schülerrat und Revolution

Für Georg Heyn ist politisches Engagement ein Muss. Landesweite Schülerdemos hat er schon organisiert, aber auch für einen Fahrradweg in seinem Stadtteil gekämpft. Porträt eines Jungpolitikers.

Georg Heyn ist 18 Jahre alt und füllt bereits einen politischen Lebenslauf. Angefangen hat sein Wille, etwas zu verändern, mit zehn Jahren. Als Klassensprecher. Doch das reichte dem Jungen aus Leipzig nicht. Er wollte mehr mitsprechen, mehr diskutieren, mehr mitmischen, und wurde erst zum Schülersprecher – und dann zum Vorsitzenden des Stadtschülerrates in Leipzig gewählt. Dieses Amt hatte er von 2011 bis zum 2013 inne. Seitdem ist Georg Ehrenmitglied.

Was er in dieser Zeit erreicht hat? „Ich habe mich zum Beispiel dafür eingesetzt, dass Schüler bei dem Bau einer neuen Schule mehr Mitspracherechte haben“, sagt er. Seitdem gibt es eine Arbeitsgemeinschaft des Schülerrates, die bei einer neuen Schule mit der Stadtverwaltung in engem Kontakt steht – und die Informationen an die betroffenen Kinder und Jugendlichen weitergibt. Durch seine Arbeit kennt der 18-Jährige die Schulträger und Elternvertretungen in Leipzig, den Kultusminister und Bürgermeister. „Jetzt ist die Legislatur aber ausgelaufen und ich mache bald mein Abitur“, sagt er am Donnerstag und blickt hinüber zum Gewandhaus. Dort findet die dritte Internationale Demokratiekonferenz statt, an der 400 politisch interessierte Jugendliche teilnehmen. So wie Georg.

Der Jungpolitiker kämpft auf allen Ebenen

Im letzten Jahr war der Jungpolitiker allerdings nicht nur auf kommunaler Ebene aktiv, sondern mischte sich auch in das Landesgeschehen ein. Bis Sonntag war er stellvertretender Vorsitzender im Landesschülerrat Sachsen – und damit maßgeblich an der Protestwelle gegen den landesweiten Lehrermangel im vergangenen Jahr beteiligt. „Am 28. März 2012 demonstrierten 23.000 Schüler im ganzen Bundesland und das mediale Echo war so enorm, dass die Regierung endlich unter Druck geriet“, erzählt er. Als der damalige sächsische Kultusminister Roland Wöller zurücktrat, musste die Politik schließlich handeln und schnürte ein zweites Bildungspaket. Ganz zufrieden gibt sich Georg damit nicht. Es zeigt ihm aber: Ja, es geht. Man kann etwas verändern.

Für den 18-Jährigen hat diese Einstellung nichts mit jugendlichem Idealismus zu tun – und er muss auch nicht jeden Monat eine Reform anstoßen. Er setzt sich ebenso für das Freibad, das Sportheim und den Fahrradweg in seinem Ortsbezirk Stötterlitz ein. Dort, wo er Mitglied der SPD-Jugendorganisation Jusos. ist „Ich habe meine Funktionen in der Schulpolitik und in der Partei aber immer stark voneinander getrennt“, betont er. Allerdings habe die Arbeit an der Basis seinen anderen Ämtern durchaus gut getan. „Sonst verliert man irgendwann den Blick für die kleinen, einfachen Wünsche der Menschen.“ Georg engagiert sich deswegen für die SPD, weil er für ein längeres gemeinsames Lernen und die Inklusion ist, weil er die Homo-Ehe und den Mindestlohn befürwortet. „Ich hoffe, dass diese Wahlkampf-Forderungen auch im Koalitionsvertrag stehen werden“, sagt er. Sonst werde er beim Mitgliederentscheid dagegen stimmen.

Mehr direkte Demokratie - das will er

Bei den Koalitionsverhandlungen und dem Parteitag ist ihm ein Thema besonders wichtig: die Diskussion über Volksentscheide. Für ihn sind diese Instrumente richtig. So wie auch die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre richtig sei. Zumindest theoretisch. „In beiden Fällen muss allerdings eins gegeben sein: die politische Bildung.“ Und diese Aufklärung müsse in der Schule stattfinden. „Dort soll ja nicht nur Fachwissen vermittelt werden. Es soll auch auf das gesellschaftliche Miteinander vorbereitet werden“, erklärt Georg. Wenn das nicht passiere, kämen Ergebnisse wie bei der letzten U18-Wahl in Sachsen zustande, bei der rund 13 Prozent der Schülerinnen und Schüler die NPD gewählt hätten. Für mehr politische Aufklärung wünscht sich Georg deswegen  eine „Aktuelle Stunde“ in der Schule – und ein Jugendparlament in der Stadt. Darin solle es zwar auch Abgeordnete geben, aber noch wichtiger sei ihm ein einbezogenes Plenum. Ein größerer Raum für Basisdemokratie.

Sorgen macht ihm auch eine Bewegung, die er als "zweiten Biedermeier" bezeichnet: dass sich immer mehr Menschen ins Private zurückzögen. Denn für viele Menschen sei die Welt zu schnell und unübersichtlich geworden. Die Probleme, die es gibt, erscheinen immer komplexer – und mit dem Internet bekämen die Menschen nicht nur die Geschehnisse in einem Umkreis von 50 Kilometern um sie herum mit, sondern weltweit. „Und dazu kommt noch, dass die junge Generation keine Kriege und keine Revolutionen miterlebt“, sagt er. Dabei gebe es selbst im Kleinen so viele Anlässe, aufzustehen und zu handeln.

Berufspolitiker möchte der überzeugte Demokrat nach dem Abitur allerdings nicht werden. Stattdessen möchte er „Politik und Verwaltung“ oder Jura studieren. „Ich habe zwar schon ein bisschen etwas erreichen können, aber mir fehlt noch das Fachwissen und die Lebenserfahrung“, erklärt er. Sollte es den 18-Jährigen doch in die große Politik verschlagen, möchte er außerdem ein zweites Standbein haben. Ohne eine Absicherung würden sich Politiker nämlich viel zu sehr an eines klammern. Die Macht.

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