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Politik: Die märkische Stadt will für Zwangsarbeiter doch nicht zahlen

Die Stadt Brandenburg wollte sich als erste märkische Stadt am Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiter beteiligen - auch mit Geldern aus dem Stadtsäckel. Aber nach Widerstand des märkischen Gemeindebundes, der die Verwendung von Haushaltsmitteln für solche Zwecke für "illegal" hält, befürwortet Oberbürgermeister Helmut Schliesing (SPD) inzwischen nur noch eine "Spendenaktion".

Die Stadt Brandenburg wollte sich als erste märkische Stadt am Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiter beteiligen - auch mit Geldern aus dem Stadtsäckel. Aber nach Widerstand des märkischen Gemeindebundes, der die Verwendung von Haushaltsmitteln für solche Zwecke für "illegal" hält, befürwortet Oberbürgermeister Helmut Schliesing (SPD) inzwischen nur noch eine "Spendenaktion". Auch andere Kommunen wie Cottbus, Frankfurt und Potsdam lehnen solche Alleingänge ab. Friedrich von Kekulé, Initiator der parteiübergeifenden Aktion in der Havelstadt, äusserte sich enttäuscht über die "Bedenkenträgerei". Das Land werde sich, so Ministerpräsident Stolpe kürzlich, Forderungen nach Entschädigungszahlungen für NS-Zwangsarbeiter "nicht entziehen" können.

Gegenüber dem Tagesspiegel mahnte PDS-Landeschefin Anita Tack vor allem die historische Verantwortung der Wirtschaft an, der sich auch Unternehmen im Land Brandenburg stellen sollten, die zu Zeiten der Nazi-Diktatur Zwangsarbeiter ausgebeutet hätten. Auch die Industrie- und Handelskammern seien gefragt, so Tack. Der Direktor der Stiftung brandenburgische Gedenkstätten, Gunter Morsch, hatte die Kommunen aufgefordert, sich am Entschädigungsfonds zu beteiligen. Das Innenministerium will jetzt prüfen, ob solche Zahlungen mit dem Haushaltsrecht kollidieren würden. Das ist die Position des Städtebundes, der "keine Verpflichtung" für die Kommunen sieht. Vor diesem Hintergrund lehnt inzwischen auch Brandenburgs Oberbürgermeister Helmut Schliesing die Verwendung kommunaler Gelder für den Fonds ab. Er befürchtet, dass es zudem "im Westen eine Debatte geben könnte, dass wir nur Geld ausgeben, welches wir als Hilfen für den Aufbau-Ost bekommen." Deshalb wolle er lieber auf die Spendenbereitschaft der Brandenburger setzen, wobei die Stimmung in dieser Frage "differenziert" sei. Es müsse für den Fonds ein würdiger Betrag von 400 000 bis 500 000 Mark zustandegekommen, wenn sich die Stadt Brandenburg nicht blamieren wolle, sagte dagegen Friedrich von Kekulé, früherer CDU-Stadtchef und CDU-Stadtverordneter. Vom ihm war die Initiative für eine Beteiligung der Stadt Brandenburg am geplanten Entschädigungsfonds ausgegangen, die von allen Rathausparteien und Schliesing begrüßt - sowie überregional beachtet worden war.

In den Rüstungs- und Stahlfabriken von Brandenburg an der Havel, einst eine der bedeutendsten Industriestädte Deutschlands, waren während des 2.Weltkrieges rund 15 000 Zwangsarbeiter beschäftigt. In seinem Aufruf hatte Kekulé auch daran erinnert, dass in Brandenburg das verbrecherische Euthanasie-Programm der Nazis gestartet worden war. Zwar ist auch Kekulé für eine großangelegte Spendenaktion, zumal die Resonanz auf den Aufruf "erfreulich positiv" gewesen sei. Doch im Gegensatz zu Schliesing und dem Städtebund plädiert der CDU-Politiker weiterhin dafür, den Differenzbetrag aus dem Stadtsäckel zu zahlen, um einen angemessenen Beitrag sicherzustellen. Dass dies rechtlich nicht möglich sei, so Kekulé, "ist blanker Unsinn." Er hoffe, dass der parteiübergreifende Beschluss des Stadtparlaments trotz des "Umkippens" von Schliesing zustandekomme.

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