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Politik: Die nächste Front?

Syrien rechnet „jederzeit mit einer israelischen Aggression“ – und rüstet auf

Nach dem Libanonkrieg deuteten einige Zeichen darauf hin, dass Israel und der Westen den Kontakt mit Syrien wieder aufnehmen würden. Damit sollten Syrien Anreize geliefert werden, mäßigend auf die libanesische Hisbollah einzuwirken – und gleichzeitig seine Allianz mit dem Iran zu lockern. Doch jetzt ist zwischen Damaskus und Tel Aviv wieder von Krieg die Rede: Der syrische Präsident Baschar al Assad hat in einem Interview mit der kuwaitischen Zeitung „Al Anbaa“ zwar erklärt, der Friedensprozess sei die „ideale Lösung“. Doch „im Prinzip rechnen wir jederzeit mit einer israelischen Aggression“, wird er weiter zitiert. Israel habe den Friedensprozess mit Ariel Scharons Amtsantritt im Jahr 2001 abgebrochen. Daher werde es „in absehbarer Zukunft“ keinen Frieden geben, Syrien bleibe „immer vorbereitet“ auf einen Krieg. „Wenn es keinen Frieden gibt, ist es normal, dass man mit Krieg rechnet.“ Syrien habe begonnen, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten darauf vorzubereiten.

Der Berater des israelischen Verteidigungsministers Amir Peretz, Reservegeneral Amos Gilad, sagte , dies sei zwar keine „konkrete Drohung“, schätzte Assads Äußerung aber als „wichtig“ ein.

Während des Libanonkriegs waren die syrischen Truppen in Alarmbereitschaft ersetzt worden. Bereits im Juni hatten israelische Flugzeuge einen Palast Assads überflogen. Israel wirft der syrischen Regierung in Damaskus vor, die Auslandsführung der Hamas zu beherbergen und die Hisbollah zu unterstützen. Zwar hatte Assad sich erstmals für Gespräche mit Israel ohne Vorbedingungen ausgesprochen, doch der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hatte Ende September alle Hoffnungen auf neue Verhandlungen zunichte gemacht. Er hatte den Teil des strategisch wichtigen und wasserreichen Golan, den Israel 1967 eroberte und 1981 völkerrechtswidrig annektierte, als „integralen Bestandteil Israels“ bezeichnet und ausgeschlossen, dass das Land jemals an Syrien zurückgegeben werde. Auch US-Präsident George W. Bush soll nach Angaben der israelischen Zeitung „Jediot Achronot“ im Gespräch mit EU-Führern erklärt haben, es gebe keinen Grund, mit Syrien zu verhandeln. Dahinter steht nach Ansicht von Beobachtern der Glaube, die USA könnten noch immer ihren Plan für einen „neuen Nahen Osten“ durchsetzen. Verhandlungen mit dem syrischen Regime würden dieses Vorhaben schwächen. Der israelische Friedensaktivist Uri Avneri glaubt, dass die Präsenz von 20 000 israelischen Siedlern auf dem Golan der Grund sind, warum Tel Aviv Verhandlungen vermeiden will.

Israel macht den Auslandschef der islamistischen Hamas, Khaled Meschaal, für die Entführung eines israelischen Soldaten am Rande des Gazastreifens Ende Juni verantwortlich. Meschaal hält sich in Damaskus auf, seit der Versuch israelischer Agenten, ihn in Jordanien zu töten, fehlgeschlagen war. Israel hat einen solchen Angriff in Syrien nicht ausgeschlossen. Es gilt aber als unwahrscheinlich, dass Damaskus darauf militärisch antworten würde. Das Land mit einer maroden sozialistischen Wirtschaft verfügt nur über völlig veraltete sowjetische Ausrüstung und könnte eine militärische Auseinandersetzung mit Israel nur verlieren.

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