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Politik: Die "neue" CDU: Ja, wo laufen sie denn?

Es war für die Union schlimm genug, Opposition zu sein in der Zeit der Skandale. Doch da gingen die Journalisten wenigstens hin.

Es war für die Union schlimm genug, Opposition zu sein in der Zeit der Skandale. Doch da gingen die Journalisten wenigstens hin. Jetzt ist es für Angela Merkel schon schwer, überhaupt Aufmerksamkeit zu finden für ihre Partei. Die CDU-Chefin hat in dieser Woche ein großes Programm absolviert. Beim Rentengipfel am Dienstag hat sie für die Union vorgetragen, was geht und was nicht. Ein Auftritt in gestanzten Formeln, wie abgelesen, wird aus der SPD kolportiert. Am Mittwoch hat sie das Parteipräsidium zusammengetrommelt: eine erste Verständigung über das Arbeitsprogramm und das Grundverständnis der "neuen" CDU. Auf ihrem Programm am Donnerstag stand der russische Präsident Wladimir Putin und die Aufgabe, die Ergebnisse der Klausurtagung bekannt zu geben. Das Interesse hielt sich nach den Kanzler-Auftritten mit Putin und zum Atomausstieg in Grenzen.

Angela Merkels Botschaft lautet: "Opposition ist mehr als bloßes Nein-Sagen. Die Menschen wollen nicht nur wissen, wogegen wir sind, sondern auch wofür." Die CDU-Chefin zeichnet das Bild einer "konstruktiven" Oppositionspartei CDU, die Kompromisse eingehen will, sie aber von der Sache her gründlich abwägt. Bei der Rente, bei der Steuer. Die aus Überzeugung Nein sagt zum Atomausstieg, die bei der Einwanderung an Otto Schilys Rundem Tisch nicht mitmacht, weil es wichtiger ist, eigene Vorstellungen zu erarbeiten. Ihre Ziele sind ambitioniert: Die CDU will die Bundestagswahl 2002 gewinnen. Sie beschreibt nüchtern die Bedingungen, zu denen gehört, dass "nach meinem Eindruck" die CDU einen Kompetenzverlust zu verzeichnen hat als Partei der sozialen Marktwirtschaft. Angesichts der Folgen der Spendenaffäre für die Parteifinanzen lautet die Devise für den nächsten Wahlkampf "David muss Goliath schlagen". Generalsekretär Ruprecht Polenz erläutert, dass "Menschen statt Materialien" die Wähler überzeugen müssen. Und Menschen könnten nur überzeugen, wenn sie vom Kurs ihrer Partei überzeugt sind.

Angela Merkel will "ein nachvollziehbares, also ein einheitliches Bild" ihrer Partei und dafür wirbt sie differenziert. Um sie herum agieren ihre Parteifreunde undifferenziert und wenig einheitlich. Die SPD trägt nach dem Rentengipfel das Bild einer konsensunwilligen Union nach draußen. Am Morgen nach der Nacht des Atomkompromisses gibt die CSU aus München den Ton vor und der ist laut und heftig: ein schwarzer Tag für die deutsche Wirtschaft, die Union werde im Falle eines Wahlsieges alles rückgängig machen. Bei der Steuerdiskussion, wo alle Zeichen auf einen Kompromiss zu deuten scheinen, überrascht Fraktionschef Friedrich Merz. Nach dreistündiger Diskussion im Vermittlungsausschuss am Donnerstagsabend sagt der parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer der SPD, Wilhelm Schmidt: "Mit den Forderungen von Merz droht das ganze Projekt zu kippen." Merz wiederum hält Eichel vor, er habe bisher "offenbar nicht zugehört". Das stimmt insofern, als Merz immer für die "Gleichmäßigkeit der Besteuerung" aufgetreten ist. Aber es stimmt eben auch nicht, weil in der Öffentlichkeit von den zahlreichen Forderungen der Union an Hans Eichel die verständliche nach Senkung der Steuersätze hängen geblieben ist. Und nicht die unverständliche danach, bei der Dividendenbesteuerung auf den geplanten Systemwechsel hin zum Halbeinkünfteverfahren zu verzichten. Wie bei der Rente hat es die SPD leicht mit dem Vorwurf, die CDU würde "draufsatteln", weil sie eine Verständigung gar nicht will. Weil Stoiber sich mit seinem Konfrontationskurs durchgesetzt habe. Und weil Merkel gar nicht wisse, was sie wolle.

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