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Politik: Die Opposition fordert die Entlassung von Bouffier, doch die Debatte begann mit einem Handicap

Eigentlich sollte heute im Hessischen Landtag die Stunde der Opposition schlagen. Auf Drucksache 15/343 fordern SPD und Grüne die Entlassung von Innenminister Volker Bouffier, CDU, weil er "das Ansehen des Amtes beschädigt" habe.

Eigentlich sollte heute im Hessischen Landtag die Stunde der Opposition schlagen. Auf Drucksache 15/343 fordern SPD und Grüne die Entlassung von Innenminister Volker Bouffier, CDU, weil er "das Ansehen des Amtes beschädigt" habe. 8000 Mark Geldbuße musste der Innenminister zahlen; die Staatsanwaltschaft Gießen wirft ihm Parteiverrat vor, weil er als Rechtsanwalt in einem Ehestreit zunächst den Ehemann beraten, anschließend die Ehefrau vor Gericht vertreten hatte.

Der angeschlagene Minister hatte sich in der Vergangenheit stets als "Saubermann" präsentiert, als er etwa die Entlassung des früheren Frankfurter Polizeipräsidenten Hoffmann gefordert hatte, weil der sich selbstherrlich auf den Rücken von "Fürst Metternich" geschwungen hatte, einem Polizeipferd, das nur auf das Kommando des Kollegen Präsidenten in Wiesbaden hätte hören dürfen.

Die heutige Attacke gegen den Innenminister reitet die Opposition allerdings mit Handicap. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, der Abgeordnete Günther Becker, ebenfalls aus Gießen, sieht sich inzwischen selbst im Fadenkreuz staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Er firmiert im Telefonbuch und auf der Landesliste seiner Partei als "Rechtsanwalt", obwohl nach Auskunft der Anwaltskammer seine Zulassung erloschen ist. Das unberechtigte Führen einer Berufsbezeichnung ist nach Paragraf 132 des Strafgesetzbuches strafbar. Der Beschuldigte bedauerte gestern vor dem Plenum die "Verwirrung" um seine Person.

Hinter vorgehaltener Hand beklagen führende Politiker aller Parteien diesen kleinlichen Stil der politischen Auseinandersetzung, der in Hessen eine lange Tradition hat. Dem früheren Ministerpräsidenten Walter Wallmann (CDU) war die Anzahl der Blumenzwiebeln vorgehalten worden, die das Gartenamt auf seinem Grundstück vergraben hatte, sein Nachfolger Hans Eichel (SPD) musste sich monatelang mit Details des Ausbaus seiner Dienstvilla herumschlagen. Dabei hält die hessische Landespolitik in dieser Plenarwoche durchaus ernsthafte Kontroversen bereit: Die Kultusministerin berichtet in einer Regierungserklärung von ihren ersten Erfolgen zur Verwirklichung einer "Unterrichtsgarantie". In einem Kraftakt wurden zum neuen Schuljahr 1400 zusätzliche Lehrer eingestellt, im Jahr 2000 sollen weitere 300 folgen. Ein erster Schritt sei erreicht, um Hessen zum "Bildungsland Nummer eins" zu machen, freut sich der Ministerpräsident.

Auf eine andere parlamentarische Anfrage fällt der Regierung die Antwort schwer. Für gut 500 Millionen hatte die frühere CDU/FDP-Landesregierung unter Finanzminister Kanther die 50prozentige Beteiligung des Landes an der Hessischen Landesbank (Helaba) an den Sparkassenverband verkauft, in der trügerischen Hoffnung, andere Landesregierungen würden den Ausstieg nachahmen. Die Helaba sucht inzwischen nach einem Partner. Im Gespräch sind die Landesbanken aus Baden-Württemberg und Bayern. Obwohl die Koalitionsvereinbarung der neuen Regierungskoalition den Wiedereinstieg in die Helaba ausschließt, erwägen CDU und FDP dennoch den Wiedereinstieg. Für den damaligen Verkaufspreis ließe sich aber inzwischen nur ein Bruchteil der Anteile zurückkaufen. Vom "Verlustgeschäft des Jahrtausends", spricht deshalb der grüne Abgeordnete Alexander Müller.

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