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Die Bundestagswahl 2017 wird voraussichtlich im September stattfinden.

© picture alliance / dpa

Update

Die Parteien im Wahljahr 2017: Was zusammengeht - und was nicht

Zu Beginn des Wahljahrs 2017 vergrößert die Union ihren Abstand zu ihrem bisherigen Koalitionspartner SPD. Und wie stehen die anderen Parteien da?

Zahlen lügen nicht? Zahlen lügen doch! Zumindest in der Politik lässt sich das mit Sicherheit sagen. Da können die Umfragewerte noch so hoch sein – es gilt immer noch der alte Satz von Helmut Kohl, Rekordkanzler, Wahlkampfkönig: "Wer ins Konklave als Papst hineingeht, kommt als Kardinal wieder heraus." Will heißen: Umfragen gewinnen ist etwas anderes als Wahlen gewinnen. Deshalb hat die CSU, hat Horst Seehofer als ihr oberster Poltergeist, auch solche Sorgen.

Wie steht die Union da?

Was die Zahlen aussagen, ist etwas ganz anderes, als die Leute sagen – wenn man mit ihnen leibhaftig spricht. Das tut die CSU mehr als die übrigen Parteien, da ist sie noch richtig Volkspartei. Dem Volk aufs Maul geschaut: Eigentlich ist es fertig mit der Kanzlerin, der großen Koalition sowieso. Eigentlich. Weil es – bisher – aber keinen anderen, keine andere als Angela Merkel gibt, versucht Seehofer, das Optimum an Einfluss für die CSU auf die gemeinsame Politik der Unionsschwestern herauszuholen. Da kennt er aber, wie man so schön sagt, keine Verwandten. Als CSU-Chef, der um alles fürchtet – um die Macht der CSU in Bayern, um sein Erbe als Ministerpräsident und um die nicht zuletzt konservative Ausrichtung der C-Parteien –, meint er es bitter ernst mit seinen Forderungen. Alle diejenigen, die in ihm nur den "Crazy Horst" sehen und denken, er werde schon klein beigeben, müssen sich vorsehen. Wird er nicht. Seehofer geht vielmehr ganz groß ran. Kurz gefasst: Obergrenze oder nichts. Und nichts heißt: notfalls Opposition statt Regierung in Berlin. Eine Opposition der CSU. Was bedeutet, dass es keine Fraktionsgemeinschaft mit der CDU mehr geben könnte. Diese Härte hat nicht einmal der legendäre CSU-Chef Franz Josef Strauß gezeigt.

Vor dem Hintergrund haben die Pläne von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zur Sicherheitsarchitektur der gesamten Republik nicht eben zur Entspannung in Bayern geführt; noch dazu werden die Pläne von der CDU-Chefin und Kanzlerin geradezu demonstrativ unterstützt. Wer den Bayern allerdings etwas wegnehmen will, der provoziert sie erst recht. Wie sich an der Tagung der Landesgruppe gezeigt hat. Zwar fand die diesmal nicht unter schroffem Fels und hohem Tann statt, dennoch bleiben die CSU-Bayern sich in dieser Hinsicht treu: Sie sind ein kampfeslustiges Völkchen.

Dazu kommt: Merkel nicht beim CSU-Parteitag, Seehofer nicht beim CDU-Parteitag, das hat es noch nicht gegeben. Ihr "Friedenstreffen" dieser Tage kann auch noch ausfallen, wenn es doch nichts gibt, womit die beiden ihren Frieden machen können. Seehofer gibt nicht nach, Merkel auch nicht. Wobei sich das bei ihr eher auf Wortklauberei bezieht: Sie will halt keine "Obergrenze" in irgendeiner Form in irgendeinem Programm stehen haben. Zumal Merkel und ihre Leute nicht verstehen können, dass Seehofer und seine Leute nicht verstehen wollen, dass sie das nicht mitmachen wird – wo sie doch ansonsten in puncto restriktiver Flüchtlingspolitik schon alles mitmacht.

Klar ist: Je länger und je deutlicher sich CDU und CSU streiten, desto deutlicher wird das am Ende auch den Wählern werden. Gegenwärtig können sich CSU und CDU, Seehofer und Merkel, nicht einmal auf diesen Satz verständigen, der von Strauß überliefert wird: Der Konservative marschiert an der Spitze des Fortschritts – um die Richtung anzugeben. Es geht bei den Unionsparteien nämlich um nichts weniger als eine Richtungsentscheidung.

Wie ziehen die Grünen in den Wahlkampf?

Nachdem es bei drei Bundestagswahlen in Folge nicht für die Wiederauflage von Rot-Grün gereicht hat, wollen die Grünen nun auf "Eigenständigkeit" setzen: Sie wollen keine Präferenz für eine Koalition äußern, sondern sich auf inhaltliche Forderungen an einen möglichen Regierungspartner konzentrieren. Schwarz-Grün wäre demnach ebenso denkbar wie Rot-Rot-Grün – vorausgesetzt, es gäbe eine Mehrheit für diese Konstellationen. Schwierig wäre beides für die Ökopartei. Große Differenzen gäbe es sowohl zur CSU (etwa in der Flüchtlingspolitik), als auch zur Linkspartei (unter anderem in der Außenpolitik). Dennoch betonen viele aus der Grünen-Führung, dass sie ab Herbst gerne mitregieren würden. Zwölf Jahre Opposition haben die Partei spüren lassen, dass es sich doch am besten aus einer Regierung heraus mitgestalten lässt.

Noch offen ist, wer das grüne Regierungsprogramm verkörpern soll: Derzeit entscheiden die 60.000 Mitglieder in einer Urwahl über die beiden Spitzenkandidaten. Gesetzt ist Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Um den zweiten Platz im Spitzenduo konkurrieren Parteichef Cem Özdemir, Fraktionschef Anton Hofreiter und Schleswig-Holsteins Vize-Ministerpräsident Robert Habeck. Mitte Januar wird der Sieger feststehen.

Schafft die FDP ein Comeback?

Die FDP hat die Chancen der außerparlamentarischen Opposition zwar zur inhaltlichen und personellen Konsolidierung genutzt, sicher ist ihr Wiedereinzug in den Bundestag aber keineswegs. Dem aktuellen "Deutschlandtrend" zufolge krebsen die Liberalen im Bund nach wie vor bei gefährlichen fünf Prozent herum. Besser sieht es in den Ländern aus. Für die demnächst anstehenden Urnengänge in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen prophezeien ihnen die Demoskopen respektable acht bis zehn Prozent – was auch an dem glücklichen Umstand liegen dürfte, dass dort mit Bundesvize Wolfgang Kubicki und Parteichef Christian Lindner just die derzeit zugkräftigsten FDP-Protagonisten ins Rennen gehen.

Weil das Personal sehr übersichtlich geworden ist, werden die beiden aber auch für die Bundestagswahl benötigt. Im Bund ist die FDP, wie aktuell beim Dreikönigstreffen zu besichtigen war, ohnehin zur One-Man-Show geworden, ohne den 38-jährigen Lindner geht nichts mehr. Und er lobte sich in Stuttgart selber: Die Partei habe in ihren dunkelsten Stunden "Charakter bewiesen" und sich nicht zum Populismus verführen lassen. Und aus der Sicht des Vorsitzenden, der das Jahr 2017 zum wichtigsten der FDP ausgerufen hat, wird sie als "Fortschrittsbeschleuniger" wieder dringend benötigt. Zum Mitregieren müssten die Liberalen aber wohl nicht nur mit der Union koalieren, sondern gleichzeitig auch mit den Grünen ("Jamaika").

Eine Annäherung an die SPD dagegen würde ihr wenig helfen. Eine Ampel-Koalition wäre aller Voraussicht immer noch zu schwach auf der Brust, und mit den Linken will die FDP keinesfalls ins Boot.

Was ist mit der Linken?

Seit ihrer Gründung im Sommer 2007 muss die Linkspartei einen schwierigen Spagat aushalten – hervorgegangen aus der PDS, die in Ostdeutschland Volkspartei ist, und der westdeutschen Protestpartei WASG, die sich aus Frust über die Reformpolitik von Ex-Kanzler Gerhard Schröder gegründet hat. Bis heute schwankt die Partei zwischen Pragmatismus und scharfem Oppositionskurs.

Das zeigt sich auch bei den Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht. Fraktionschef Bartsch wäre bereit, die Linke in eine rot-rot-grüne Regierung zu führen. Derzeit sieht es aber nicht so aus, als ob es eine rechnerische Mehrheit für eine solche Konstellation geben könnte. Hinzu kommt: Bartschs Ko-Vorsitzende Wagenknecht tut sich in letzter Zeit wieder mit Äußerungen zur Außen- und Flüchtlingspolitik hervor, die in der SPD die Zweifel an einem solchen Bündnis wachsen lassen. Es gebe leider kein linkes Lager mehr, stellte sie fest. SPD und Grüne macht sie nicht nur für die "Zerstörung des Sozialstaates" verantwortlich, sondern auch für einen wachsenden Terrorismus, ausgelöst durch "deutsche Kriegseinsätze".

Was ist von der AfD zu erwarten?

In den Umfragen sind die Rechtspopulisten derzeit drittstärkste Kraft. Doch noch schwelt der Konflikt zwischen den beiden Parteichefs Frauke Petry und Jörg Meuthen. Petrys Ehemann und wichtigster Verbündeter Marcus Pretzell steht in NRW wegen angeblicher Manipulation der Landtagswahlliste unter Beschuss. Petry selbst ist zwar bei der Basis beliebt, aber im Vorstand zunehmend isoliert. Als alleinige Spitzenkandidatin will man sie nicht. Auf dem Bundesparteitag im April wird daher entschieden, mit welcher "Spitzenmannschaft" die AfD in den Wahlkampf geht. Parteivize Alexander Gauland und der AfD-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Björn Höcke, werden als mögliche Kandidaten gehandelt.

Die Partei setzt weiter auf Provokation. "Die AfD lebt gut von ihrem Ruf als Tabubrecherin", zitierte die "Bild" kürzlich aus einem internen Strategiepapier. Inhaltlich wird für die AfD im Wahlkampf das Thema innere Sicherheit eine große Rolle spielen. Dieses Feld wird mittlerweile aber auch stark von anderen Parteien bespielt. Will die Partei ihren Platz hinter CDU und SPD verteidigen, muss sie sich weitere Politikfelder erschließen – etwa die Familienpolitik. Um mögliche Koalitionspartner muss sich die AfD dagegen keine Gedanken machen: Alle übrigen Parteien schließen ein Zusammengehen mit ihr aus.

Wie ist die Situation bei der SPD?

Die SPD treibt derzeit vor allem eine Frage um: Wer führt die Partei als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf. Vieles deutet auf den Chef persönlich hin. Doch für den ist es eine schwere Entscheidung. Lesen Sie ein ausführliches Porträt über Gabriel, die Situation der SPD und die schwierige Suche Lesen Sie ein ausführliches Porträt über Gabriel, die Situation der SPD und die schwierige Suche im Digital-Kiosk Blendle oder im aktuellen ePaper.

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