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Windkraft statt Kohle? Union und SPD befürworten den Ausbau erneuerbarer Energien zwar – aber zugleich wollen sie offenbar die Kosten begrenzen. Foto: Patrick Pleul/dpa

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Politik: Die Quadratur des Kreises

Umweltfreundlich, sauber, sicher und bezahlbar – so wünschen sich Union und SPD die Energiewende.

Von Hans Monath

Berlin - Als Hannelore Kraft aus dem Auto stieg, ahnte die SPD-Politikerin bereits, was auf sie zukommen würde. Greenpeace hatte fünf alte Bergwerksloren vor das Bundesumweltministerium am Potsdamer Platz gestellt. Die schwarze Kohle in den voll gepackten Waggons glitzerte in der Sonne, dazwischen steckten verloren kleine Windrad-Modelle. „Erneuerbare ausbauen statt Kohle subventionieren“, lautete die Botschaft an die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin.

„Sind Sie eine Kohle-Lobbyistin?“, rief ein Journalist der mächtigsten Frau in der SPD zu, die vor wenigen Tagen zumindest den Eindruck erweckt hatte, die spezifischen Wirtschaftsinteressen ihre Bundeslandes seien ihr wichtiger als der Erfolg der Energiewende. Kraft verneinte die Frage. Doch die schwierige Lage der Energieriesen an Rhein und Ruhr, die wie RWE mit der Verstromung fossiler Energieträger noch ordentlich Kohle machen, brennt ihr unter den Nägeln. Es geht um Milliarden, um Jobs und auch um Krafts Ruf als zupackende Landesmutter. Die Kohle hat immer noch über 40 Prozent Anteil am Strommix.

In den am Donnerstag gestarteten Verhandlungen über die Energiewende zwischen CDU, CSU und SPD stand Kraft deshalb unter besonderer Beobachtung, zumal mehrere andere SPD-Ministerpräsidenten in der Verhandlungsrunde auf anderer Interessengrundlage agieren, etwa weil Niedersachsen Standort vieler Windkraftanlagen ist. Kraft leitet die Arbeitsgruppe Energie zusammen mit dem amtierenden Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU).

Die traditionelle Energiewirtschaft hatte vor dem Treffen mächtig Druck gemacht und sogar mit einem „Blackout“, dem Zusammenbruch der Stromversorgung, gedroht, falls traditionelle Kraftwerke weiterhin gegenüber erneuerbaren Energien am Markt benachteiligt würden. Hinter Begriffen wie neues Marktdesign und Kapazitätsmarkt verbirgt sich die Forderung nach milliardenschweren Subventionen, damit sich Kohle- und Gaskraftwerke auch bei weniger Betriebsstunden rechnen.

In der ersten Runde verständigten sich Union und SPD auf eine rasche Reform der Ökostrom-Förderung. Das Ziel sei, bis Ostern 2014 ein reformiertes Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) „auf den Tisch gelegt zu bekommen“, sagte Kraft (SPD) am Abend. Altmaier ergänzte, noch vor der Sommerpause sollten die entsprechenden Gesetze verabschiedet werden. Damit wolle man schnell Sicherheit für Investoren in der Branche schaffen. Klar sei, dass es keine rückwirkende Eingriffe für Besitzer von Wind-, Solar- oder Biogasanlagen geben werde. Kraft betonte zudem, der Ausbau des Ökostroms solle stetig vorangehen. „Wir wollen kein Stop and Go.“ Man wolle Sicherheit über viele Jahre schaffen. „Wir wollen erreichen, dass die Energiewende so organisiert wird, dass sie umweltfreundlich, sauber, bezahlbar und sicher ist“, hatte Altmaier schon zum Auftakt der Gespräche versichert. Die Energiewende sei „ein zentrales Projekt für die große Koalition“. Union und SPD hätten „gemeinsam eine Verantwortung gegenüber den Bürgern, dass dieses wichtige Projekt so organisiert wird, dass es am Ende gelingt und bezahlbar bleibt“.

In diesem Jahr zahlt ein Durchschnittshaushalt mit 3500 Kilowattstunden Verbrauch 185 Euro ohne Mehrwertsteuer nur für die über den Strompreis zu zahlende Ökostrom-Förderung. Durch den weiteren Anstieg der Umlage werden es 2014 knapp 220 Euro. Betreiber von Windkraft-, Solar- und Biogasanlagen bekommen auf 20 Jahre garantiert feste Vergütungen. Altmaier und Kraft betonten, gemachte Förderzusagen würden auch eingehalten – Union und SPD respektierten den Bestandsschutz für schon bestehende Anlagen.

Im Vorfeld der Gespräche war ein Papier bekannt geworden, wonach Unions- Wirtschaftspolitiker die Förderung erneuerbarer Energien beenden wollen, sobald ihr Anteil an der Stromerzeugung von derzeit rund 25 Prozent auf 35 Prozent gestiegen ist. Zudem solle es mehr Entlastungen für die Industrie geben.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) trat dem Eindruck entgegen, in der SPD gebe es unterschiedliche Interessen. Seine Partei gehe mit einer einheitlichen Position in die Gespräche, meinte er. Zur Frage nach neuen Subventionen für unrentabel gewordene Kohlekraftwerke, die aber zur Sicherung der Versorgung im Winter gebraucht werden, äußerte sich Weil ausweichend. Ziel sei es, nach und nach in eine Energiewirtschaft hineinzukommen, die auf erneuerbaren Energien beruhe. In den Gesprächen sollte es auch um eine mögliche Absenkung der Stromsteuer gehen sowie darum, den weiteren Netzausbau voranzutreiben. Gegen Subventionen auch für fossile Kraftwerke wandte sich die Grünen-Umweltexpertin Bärbel Höhn. „Das halten wir absolut für falsch“, sagte sie dem Deutschlandfunk.mit dpa/AFP/rtr

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