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Politik: Die Radikalen warten ab

Die Führer der Hamas misstrauen dem neuen Palästinenserpräsidenten Abbas – wollen aber Verhandlungen

Der Hamas-Führer der Westbank, Hassan Jussuf, lässt sich von den offiziellen Zahlen nicht beeindrucken. Gerade hat die Wahlkommission bekannt gegeben, dass Fatah-Kandidat Mahmud Abbas die palästinensischen Präsidentschaftswahlen mit 62,3 Prozent gewonnen hat, da rechnet er seinen Zuhörern bei einer Hamas-Kundgebung in der Bir-Zeit-Universität vor, dass dies angesichts einer Wahlbeteiligung von etwas mehr als 60 Prozent bedeutet, dass Abbas nicht einmal die Hälfte der Palästinenser hinter sich habe. „Wir respektieren dennoch die Entscheidung, und ich habe ihm bereits persönlich gratuliert“, sagte Jussuf anschließend dem Tagesspiegel.

Hamas hatte die Wahlen boykottiert. Der Sieg von Abbas, der auch Abu Masen genannt wird, hat neue Hoffnungen für den Friedensprozess entstehen lassen, weil die israelische Regierung bereit ist, mit ihm zu reden. Doch dazu braucht der neue Präsident, der die bewaffnete Intifada als kontraproduktiv ablehnt, eine Einigung mit den militanten Gruppen wie Hamas, Dschihad oder den eigenen Fatah-Milizen, welche in den vergangenen Jahren den bewaffneten Kampf gegen Israel angeführt haben.

„Wir sind für Gespräche mit Abu Masen offen“, sagt Jussuf, der erst vor kurzem aus israelischer Haft entlassen wurde. Er gehört zum gemäßigten Hamas-Flügel, der eine Teilnahme an den Parlamentswahlen im Juli befürwortet. Auf die Frage, ob Hamas einer Waffenruhe zustimmen wird, antwortet der kleine rundliche Mann : „Wenn Israel seine Aggressionen wie gezielte Tötungen und Hauszerstörungen stoppt, unsere Gefangenen freilässt und unsere Rechte anerkennt, können wir darüber reden.“ Auch der Rückzug der israelischen Besatzungstruppen auf die Linien vor Ausbruch der zweiten Intifada könnte eine geeignete „Maßnahme“ sein. Es sei „entscheidend, praktische Verbesserungen vor Ort zu sehen“. Hamas habe mehrfach eine Waffenruhe eingehalten, aber Israel hätte seine Aggressionspolitik fortgesetzt. Der Hamas-Politiker scheint eine Zwei-Staaten-Lösung, für die Abbas sich einsetzt, nicht grundsätzlich abzulehnen.

Der Sprecher des Islamischen Dschihad, Khaled al Batsch, erklärte, der Widerstand und die Angriffe auf Israel würden weitergehen, wenn Israel seine Angriffe fortsetze. Abbas habe kein ausreichendes Mandat, um ein Abkommen mit Israel zu unterzeichnen. Dazu müsse er eine Volksabstimmung organisieren.

Auch in Fatah-Kreisen war man nicht ganz glücklich über das Wahlergebnis. Mohammed Steyyr, der Wahlkampfmanager von Abbas, legte das Ergebnis zwar so aus, dass zwei Drittel der Palästinenser den neuen Präsidenten gewählt hätten. Doch im Abbas-Lager hatte man auf ein Ergebnis von über 70 Prozent bei einer Wahlbeteiligung von über 80 Prozent gehofft.

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