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Der ehemalige Berliner Finanzsenator: Thilo Sarrazin.

© dpa/Michael Kappeler

Parteiausschluss von Thilo Sarrazin: Ein Provokateur, der immer weniger spaltet

Diesmal hat Thilo Sarrazin verloren: Das Landesschiedsgericht der SPD hat seinen Ausschluss beschlossen, weil er der Partei geschadet hat. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Seit zehn Jahren versuchen Sozialdemokraten, Thilo Sarrazin aus der SPD zu werfen, – und nun haben seine Gegner einen Etappensieg erzielt. Zwei Parteiordnungsverfahren hatte der Ex-Finanzsenator von Berlin schon überstanden – das letzte allerdings nur dadurch, dass er sich in einer gütlichen Einigung zu den Grundsätzen der Partei bekannte und für die Zukunft Zurückhaltung versprach. Das Landesschiedsgericht Berlin hat nun über das dritte Verfahren gegen den Ex- Finanzsenator von Berlin entschieden und seinen Rauswurf für rechtens erklärt.

In den zehn Jahren des Streits um den Parteiausschluss hat sich die SPD mehr verändert als Sarrazin selbst. Bemerkenswert war die Reaktion der Genossen, als sich die SPD-Führung 2010 gegen ihn stellte, nachdem er „Deutschland schafft sich ab“ veröffentlicht hatte: Die Hälfte der Sozialdemokraten hielt es für unerträglich, dass der in ihren Augen eindeutig rassistische Autor überhaupt noch in der Partei verbleiben konnte. Die andere Hälfte beschwerte sich vehement darüber, dass einer mundtot gemacht werden sollte, der unbeirrt den Finger in die Wunden der Migrationspolitik lege.

Weniger Genossen werden den Rauswurf Sarrazins bedauern

Im Jahr 2020 werden zumindest die Reaktionen aus der Partei heraus wohl eindeutiger ausfallen, werden weniger Genossen den Hinauswurf Sarrazins bedauern. Die SPD hat sich inzwischen eindeutig dagegen entschieden, in Migrationsfragen das Sicherheitsbedürfnis vieler ehemaliger Wähler ernst zu nehmen. Das hatte der bis vor drei Jahren amtierende Vorsitzende Sigmar Gabriel noch halbherzig versucht, der um die Spaltung seiner Partei wusste. Auf der einen Seite standen die Kosmopoliten, die für offene Grenzen plädierten, auf der anderen die Kommunitaristen, die sich durch Einwanderer oft bedroht fühlten und die Begrenzung von Migration und harte staatliche Reaktionen auf Regelübertretungen forderten.

Doch inzwischen ist das politische Spektrum kleiner geworden, das die SPD noch abdeckt. Sie erwägt nicht einmal mehr, dem Vorbild der erfolgreichen dänischen Sozialdemokraten zu folgen, die mit einem Mix aus einer linken Sozial- und einer harten Migrationspolitik die Regierung eroberten.

Auftritt vor FPÖ soll SPD geschadet haben

Nach dem Parteienrecht ist eine unerwünschte Meinung allein noch lange kein Grund, ein Mitglied auszuschließen. Dazu muss der Beschuldigte seiner Partei schon einen nachweisbaren Schaden zugefügt haben. Den sieht die Landesschiedskommission nun offensichtlich in einem Auftritt Sarrazins vor der österreichischen FPÖ.

In dieser Instanz mag der Polarisierer verloren haben. Er wird durch die Instanzen weiterkämpfen. Die SPD ist ihn noch lange nicht los. Aber seine Fähigkeit, die SPD durch Provokationen zu spalten, die ist geringer geworden.

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