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Politik: Die Rebellen von Lalendorf

Der Alleingang der Nordost-WASG behindert das Fusionsprojekt enorm – aber die Parteispitze wiegelt ab

Von Matthias Schlegel

Berlin - Aus der Geringschätzung dessen, was da in dem kleinen mecklenburgischen Lalendorf gerade passiert war, machte der WASG-Bundesvorsitzende kein Hehl: Man müsse schon unterscheiden, ob der Hund mit dem Schwanz oder der Schwanz mit dem Hund wackle. Anders ausgedrückt: Dem Votum des WASG-Landesverbandes von Mecklenburg-Vorpommern, eigenständig bei der Landtagswahl im September anzutreten, misst Klaus Ernst keine große Bedeutung für die geplante Parteienfusion mit der PDS bei. Wenn 30 Leute etwas anderes wollten als tausende im gesamten Bundesgebiet, dann sei das „für das Gesamtprojekt nicht von Bedeutung“, sagte Ernst dem Tagesspiegel.

Am Samstag hatte der eigenwillige Landesverband beschlossen, es den Berlinern nachzutun und bei der Landtagswahl im September mit eigenen Kandidaten statt gemeinsam mit PDS-Leuten zu kandidieren. Tags darauf setzte das kleine Häuflein der Delegierten noch eins drauf, indem es den eingefleischtesten Kritiker des Linkspartei-Fusionskurses Philipp Zühlke zum Spitzenkandidaten kürte.

Für die Mehrheit der WASGler aus dem Nordosten freilich war das nur konsequent: Eine Urabstimmung im Landesverband hatte den Auftrag zum eigenständigen Antreten bei der Landtagswahl gegeben, falls die in Schwerin an der Landesregierung beteiligte PDS „ihre neoliberale Politik fortsetzt“. Weil bislang „keine Ansätze der Linkspartei/PDS auf einen Kurswechsel“ im Land erkennbar seien, stimmte die Mehrheit für den Alleingang.

Nachdem der WASG-Bundesparteitag am vergangenen Wochenende in Ludwigshafen den abtrünnigen Berliner Verband förmlich aufgefordert hatte, nicht gegen die PDS anzutreten, und im Weigerungsfall „Maßnahmen“ angedroht hatte, hoffte man auf ein Einlenken auch im Nordosten, dem mit rund 120 Mitgliedern kleinsten Landesverband. Und so sieht denn WASG-Bundesvorstandsmitglied Axel Troost in den Vorgängen von Lalendorf einen „klaren Verstoß gegen das, was der Bundesparteitag festgelegt hat“. Es könne nicht sein, dass ein Landesverband, „der eine so geringe Rolle spielt, den Parteibildungsprozess verkompliziert“, sagte Troost dem Tagesspiegel.

Für WASG-Chef Klaus Ernst ist das jetzt vor allem noch ein parteirechtliches Problem. Am Montag werde sich der geschäftsführende Vorstand der WASG, am kommenden Samstag der gesamte Bundesvorstand mit den Alleingängen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern befassen, sagte er. Zurzeit werde das Verhalten der Landesverbände rechtlich geprüft. Das Ergebnis werde bis Samstag vorliegen. „Dann werden wir entscheiden, was zu tun ist“, sagte Ernst. Über mögliche Maßnahmen – vom Ausschluss des Landesverbandes bis zum Entzug der finanziellen Unterstützung – wollte er sich nicht äußern.

Nach den Worten von Axel Troost wird viel von einem Gespräch zwischen Bundesvorstand und Berliner Landeswahlleiter am kommenden Donnerstag abhängen. Die Parteispitze sei der Auffassung, dass die Möglichkeit bestehen müsse, eine Wahlanzeige beim Landeswahlleiter, wie sie durch die Berliner WASG bereits erfolgt ist, durch den Bundesvorstand der Partei zurückzuziehen.

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