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Politik: Die rebellischen drei

In Lateinamerika werden neue Staatschefs vereidigt

Für die USA sind sie so eine Art „Trio Infernale“, die drei lateinamerikanischen Staatschefs, die zur Vereidigung anstehen: Der Venezolaner Hugo Chavez, der Ecuadorianer Rafael Correa und Sandinistenführer Daniel Ortega in Nicaragua. Vierter im Bunde ist der bolivianische Staatschef Evo Morales, der am 22. Januar sein einjähriges Amtsjubiläum feiert. Sie alle eint ein gewisser Antiamerikanismus und eine diffuse, linksnationalistische Ideologie sowie die Bestrebung, einen neuen Gesellschaftsvertrag auszuhandeln, womit eine Art Neugründung des Staates gemeint ist. So hatte denn auch US-Außenministerin Condoleezza Rice vor „autoritären Demagogen“ gewarnt, die die Demokratie in Lateinamerika in Gefahr brächten. Der ehemalige Lateinamerika-Beauftragte Otto Reich spricht ganz unverblümt von der „Achse des Bösen“.

Dabei tragen die US-Regierungen einen großen Teil der Verantwortung für die jüngste Entwicklung in Lateinamerika. Jahrzehntelang haben sie die Region als ihren Hinterhof betrachtet und dabei eine ernsthafte politische Kooperation sträflich vernachlässigt. Nichts verdeutlicht das besser als die Überraschung und Verärgerung Washingtons, als Chile und Mexiko seinerzeit im UN-Sicherheitsrat gegen die Irakinvasion stimmten.

Zwar brachten die Privatisierungen und die Marktöffnung makroökonomische Stabilität, doch die soziale Ungleichheit verschärfte sich. So ist es kein Wunder, dass Chavez bei seiner Vereidigung für eine dritte Amtszeit den Sozialismus beschwor. „Sozialismus oder Tod“, erklärte er vor der Nationalversammlung. Chavez und Genossen verkörpern den legitimen Wunsch der Bevölkerung nach mehr sozialer Gerechtigkeit. 209 Millionen Lateinamerikaner – das sind knapp 40 Prozent – leben in Armut.

Dass der Umschwung durchweg durch Wahlen erfolgte und nicht mehr per Waffengewalt, ist nach Ansicht der Direktorin des regionalen Umfrageinstituts „Latinobarometro“, Marta Lagos, ein wichtiger Unterschied zum Kalten Krieg der 60er Jahre, als die Kubaner ihre Revolution auf dem ganzen Kontinent verbreiten wollten und Guerillabewegungen unterstützten. Der kränkelnde kubanische Revolutionsführer Fidel Castro ist zwar noch immer der wichtigste Bezugspunkt der vier Staatschefs. Aber letztlich verdanken sie ihre Erfolge nicht ihm, sondern dem Scheitern der bürgerlichen Parteien. So ist Chavez ein Militär, der vom Zusammenbruch des Zwei-Parteien-Systems in Venezuela profitierte, während Morales’ Regierung die ethnische Komponente betont und eine Folge der 500-jährigen Unterdrückung der indigenen Bevölkerungsmehrheit ist. Politneuling Correa wurde wie Chavez von einer Woge der Unzufriedenheit an die Macht geschwemmt. Ortega seinerseits kam erst wieder ans Ruder, nachdem er seine Ideologie bis zur Unkenntlichkeit verwässert und das Wahlrecht so verändert hatte, dass ihm ein Drittel der Stimmen zum Sieg reichten.

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