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Politik: Die Rentenkoalition

Langjährig Versicherte, Mütter und Geringverdiener – allen soll mit höheren Ruhestandsbezügen geholfen werden.

Berlin - Seit gut einem Jahr wirbt Ursula von der Leyen für ihre Zuschussrente – und bis vor kurzem sah es im unions- und koalitionsinternen Gerangel so aus, als würde daraus nie was werden. Doch nun soll es mit einem Mal sehr schnell gehen. Beim Thema Rente werde man sich „zügig verständigen können in der Union und dann auch der Koalition“, versichert CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Und Unionsfraktionschef Volker Kauder sieht das genauso. Der Koalitionsausschuss am 4. November müsse, so dekretiert er, „alle offenen Fragen abräumen“.

Offen ist vor allem dreierlei: Betreuungsgeld, Praxisgebühr und das Vorgehen gegen Altersarmut. Letzteres gilt als inhaltlich am schwierigsten, aber so allmählich laufen auch hier die Fäden zusammen. Das Kanzleramt habe die Sache an sich gezogen, heißt es aus Regierungskreisen, dort werde heftig gerechnet. Und am Ende werde, Kompensationsgeschäfte hin oder her, etwas herauskommen, mit dem alle Beteiligten ihr Gesicht wahren könnten. Die Sozialministerin und der Arbeitnehmerflügel mit dem Wunsch, langjährige Beitragszahler besserzustellen. Die jungen Unionsabgeordneten und die FDP mit der Forderung, dass sich Privatvorsorge auch für Geringverdiener lohnen muss. Und die CDU-Frauen samt CSU mit dem Verlangen, Müttern mit unterbrochenen Erwerbsbiografien höhere Renten zuzuschanzen.

An der Höhe der Aufstockung für langjährig Versicherte dürfte sich gegenüber den Ministeriumsplänen wenig ändern. Mit Leyens 850 Euro wäre ein akzeptabler Abstand zur Grundsicherung gewahrt, wie ihn die Koalitionäre ausdrücklich gewollt haben. Ginge man damit herunter, käme man vor allem in Großstädten in die Bredouille, wo der Grundsicherungsbedarf aufgrund höherer Mieten und Lebenshaltungskosten bereits bei etwa 750 Euro liegt. Zudem hat die SPD den gleichen Aufstockungsdeckel gewählt – und es würde sich im Wahlkampf für die Union nicht gut machen, hier den billigen Jakob zu geben.

Entgegenkommen wird man den Gegnern der Rentenaufstockung wohl bei der Finanzierung. Ursprünglich hatte Leyen vor, die Zuschussrente wenigstens zum Teil aus Beitragsmitteln zu bezahlen. Nach und nach sollte dies durch freiwerdende Mittel für auslaufende Bergbau- Renten und die erwarteten Einsparungen in der Grundsicherung ersetzt werden. Doch darauf scheint die Ministerin mit Blick auf Arbeitgeber und FDP nicht länger zu bestehen. Die Aufstockung könne, so deutete sie an, auch komplett aus Steuern finanziert werden. Die Beitragszahler müssten dann nur noch für Verbesserungen bei Erwerbsminderungsrenten und Reha geradestehen - die im Großen und Ganzen bereits den Segen der FDP haben. Auch einen Freibetrag für die Erträge aus privater Vorsorge wird es wohl geben – allerdings nicht gänzlich unabhängig von den Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, wie das die Jungen wollen. Ansonsten setze man einen gefährlichen Anreiz zur Schwarzarbeit, warnen nicht nur Ministeriumsexperten. Und auch Solo-Selbständige hätten dann noch weniger Grund, sich freiwillig gesetzlich zu versichern.

Bleiben die Renten der Mütter. CDU- Frauen und CSU dringen darauf, ihnen künftig auch für jedes vor 1992 geborene Kind drei Entgeltpunkte, also monatlich 56 Euro mehr als bisher zuzuschreiben. Das würde aber, selbst wenn man bereits verrentete Frauen herausnimmt, „brutal teuer“, wie es in der Regierung heißt – zum Start 2013 würde es 600 Millionen und bis 2030, aufwachsend, sieben Milliarden Euro pro Jahr kosten. Wahrscheinlich ist daher die Aufwertung um nur einen Entgeltpunkt. Rainer Woratschka

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