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Die Rückkehr des Ex: Braucht Frankreich Sarkozy?

In einem Moment, da Frankreich mit schweren Problemen kämpft, drängt Ex-Präsident Nicolas Sarkozy zurück in die Politik. Rettet er die Grande Nation?

Zweieinhalb Jahre vor der nächsten Präsidentenwahl in Frankreich hat der Wahlkampf begonnen. Nicolas Sarkozy, der rechtsliberale frühere Präsident, der 2012 gegen den Sozialisten Francois Hollande verlor, hat ihn am Wochenende mit der Rückkehr auf die politische Bühne unter großem Getöse in den Medien eröffnet. Geschlagene 45 Minuten nahm er am Sonntagabend zur besten Sendezeit im staatlichen Fernsehen France 2 in Anspruch, um sich den Franzosen als Mann vorzustellen, dem „Alter und Niederlage weniger Energie aber mehr Weisheit“ gebracht haben, wie er sagte.

Kann Sarkozy Frankreich aus dem Tief holen?

Er habe Fehler gemacht, gestand Sarkozy ein. Bestimmt habe er auch Leute verletzt, aber ohne es zu wollen. Und Kritik an seinem Nachfolger wolle er auch nicht üben. Er sei gekommen, um durch die Überwindung der Rechts-Links-Konfrontation die Franzosen zu einigen und so die Bedingungen für die Wiederaufrichtung des Landes zu schaffen. Doch dann kam der Sarkozy wieder zu Vorschein, wie ihn die Franzosen von früher her kennen. Mit aggressiven Gegenfragen verteidigte er die Bilanz seiner Amtszeit und attackierte dann doch Präsident Hollande, von dem er „nichts“ hält und den er als „Lügner“ ansieht. Aus dem Repertoire des Wahlkampfs 2012 erneuerte er die Forderung einer Reform des Schengener Abkommens, um die Einwanderung aus Afrika einzudämmen. Allzu altbacken erscheint auch seine vom Magazin „Le Point“ aufgegriffene Vorstellung, zur Überwindung der Krise Berlin für Investitionsprogramme und Eurobonds zu gewinnen. „Man fragt sich, worüber Sarkozy all die Zeit nachgedacht hat“, merkte ein Kommentator an.

Schon in der vergangenen Woche in der Parlamentsdebatte über die von Premierminister Manuel Valls eingebrachte Vertrauensfrage zeigte sich, wie wenig die rechte Oppositionspartei Union für eine Volksbewegung (UMP), deren Vorsitz Sarkozy wieder übernehmen möchte, zur Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Krise Frankreichs beizutragen hat. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sinkt, das Wachstum liegt bei Null, die Arbeitslosigkeit steigt, das Defizit im Staatshaushalt liegt weit über der in der Euro-Zone geltenden Schwelle von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), der Schuldenberg ist auf 97 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung gestiegen. Alle Annahmen, auf die die Regierung ihre Budgetplanung gründete, sind überholt.

Wie will die derzeitige Regierung aus der Krise herausfinden?

Bis 2017 will die Regierung Ausgaben in Höhe von 50 Milliarden Euro einsparen, davon 21 Milliarden im nächsten Haushalte. Um das Wachstum wieder anzukurbeln, schloss sie einen „Vertrauenspakt“ mit den Unternehmen, von denen sie als Gegenleistung für Entlastungen von 40 Milliarden Euro bei Steuern und Abgaben die Schaffung von Arbeitsplätzen erwartet. Weitere Einsparungen sollen durch eine Gebietsreform realisiert werden, die eine Reduzierung der Regionen von derzeit 22 auf 13 vorsieht. Kurzfristige Effekte werden diese Reformen nicht bringen. Der Regierung bleibt daher nichts anderes übrig, als in Brüssel zum dritten Mal eine Verlängerung der Frist zum Erreichen der Stabilitätsziele gewährt zu bekommen.

Was dem linken Flügel der regierenden Sozialisten und den Gewerkschaften zu weit geht, geht der rechten Opposition und dem Arbeitgeberverband nicht weit genug. „Ich nehme die Alternativvorschläge der Opposition zur Kenntnis, vor allem solche, die Einsparungen von 100 bis 150 Milliarden Euro vorsehen“, sagte Premierminister Valls im Parlament. „Das ist alles möglich, aber man muss dann auch den Franzosen die Wahrheit sagen und ihnen erklären, welches der Preis dafür ist, welches Opfer sie bringen sollen. Wir wollen unser Sozialsystem nicht kaputt machen.“

Frankreichs Sozialsystem: zu teuer, zu ineffizient

Was steht für Frankreich auf dem Spiel?

Die Erhaltung des französischen Sozialmodells ist die Grundbedingung, die bisher von keiner Regierung, ob links oder rechts, in der Reformpolitik in Frage gestellt wurde. Die Franzosen verteidigen es. Wer daran rührt, muss sofort mit Protesten auf der Straße rechnen. Auch während der fünfjährigen Präsidentschaft Sarkozys fielen aus Sorge vor der Unzufriedenheit der Betroffenen Reformen an diesem System, das vom sozialen Schutz über die Familienversicherung bis zu Erziehung und Ausbildung fast alle Gebiete der Gesellschaft umfasst, nur zaghaft aus.

Ist das Sozialmodell noch bezahlbar?

Im Juli gab ein Bericht der Agentur France Stratégie unter Vorsitz des Wirtschaftswissenschaftlers Jean Pisani-Ferry auf diese Fragen ernüchternde Antworten. Da die Finanzierung der verschieden Leistungen zum großen Teil aus dem vom Wachstum der Wirtschaft abhängigen Aufkommen von Steuern und Abgaben abhängt, sei dieses System unter den Bedingungen von Stagnation und drohender Deflation ohne Reformen nicht zu sichern. Auch seine Effizienz sei unter diesen Bedingungen ungewiss. Statt Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, begünstige es die dauernde Krise auf dem Arbeitsmarkt. Um die notwendigen Reformen durchzusetzen, warb der Bericht für eine Art Kulturwandel. An die Stelle vermehrter staatlicher Ausgaben zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung sollten Reformen für bessere Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen treten.

Es ist genau dieser Weg, Angebotspolitik statt Nachfragepolitik, den Hollande und sein Premierminister mit ihren Reformen eingeschlagen haben. Sollten Sarkozy und die rechte Opposition versuchen, sie auf diesem Weg mit immer neuen Forderungen zu überholen, könnte ihnen nichts Besseres passieren. „Die Franzosen könnten dann den Vergleich ziehen zwischen opportunistischer Polemik und unserer Politik", sagte Valls.

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