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Politik: Die Rückkehr des heimlichen Präsidenten

Ibrahim Rugova hat das Ziel stur vor Augen. Die öffentlichen Auftritte des Albanerführers gleichen einem Ritual.

Ibrahim Rugova hat das Ziel stur vor Augen. Die öffentlichen Auftritte des Albanerführers gleichen einem Ritual. So auch am Tag nach der ersten demokratischen Wahl im Kosovo, bei der seine Liga Demokratisches Kosovo (LDK) stärkste politische Kraft wurde. Ibrahim Rugova nutzte den Wahlsieg zum Appell an die internationale Gemeinschaft, die Unabhängigkeit der ehemals serbisch kontrollierten Provinz endlich auch formell anzuerkennen. Denn aus der Sicht des Albanerführers ist das Kosovo offenbar heute schon unabhängig - nur die offizielle Bestätigung fehlt für ihn noch.

Rugova lebt schon lange in einer anderen Welt. Während der Jahre der Milosevic-Herrschaft ließ er sich bei international nicht anerkannten Untergrundwahlen zweimal zum "Präsidenten" erküren. Im Auftrag seines Volkes zog der "Präsident" durch die Hauptstädte der westlichen Welt, um für die Unabhängigkeit zu werben. Das Ziel sei in Reichweite, erklärte Rugova nach jeder Rückkehr in die Provinz.

Die Albaner verehrten ihr Idol des passiven Widerstandes gegen das repressive serbische Regime uneingeschränkt, bis 1997 die jugendlichen Rebellen der "Kosovo-Befreiungsarmee" (UCK) die Initiative übernahmen. Da schien der Stern von Ibrahim Rugova plötzlich zu erlöschen. Nach einem mysteriösen Besuch bei Milosevic während der Nato-Luftangriffe wurde der Albanerführer bereits für politisch erledigt erklärt. Die Hälfte der Kosovo-Albaner musste vor der Rache der serbischen Einheiten in Mazedonien Zuflucht nehmen, doch der Albanerführer tat sich schwer, seine vertriebenen Anhänger auch nur zu besuchen. Nach dem Einmarsch der Nato in das Kosovo zog sich Rugova fast ganz in seine Villa im besseren Wohnviertel über Pristina zurück.

Der schmächtige Albanerführer ist ein Stehaufmännchen. Seine Anhänger scheinen immer wieder zu ihrem Idol zurückzukehren. Der Besuch bei Milosevic, die autistische Haltung gegenüber dem Leid der vertriebenen Kosovaren sind längst verziehen. Ibrahim Rugova ist ein verschlossener Mann, doch eine Mehrheit scheint in ihm eine Art Vaterfigur zu erkennen. Seine wortkarge Passivität wird als Weisheit und Vertrauenswürdigkeit interpretiert. Er symbolisiert für eine Mehrheit Sehnsucht nach Normalität und Alltag.

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