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Politik: Die Sachsen-CDU schwächelt, Biedenkopf will Verjüngung nicht jetzt

Um den Osten wird nicht mehr so viel Aufhebens gemacht in der CDU. Da hat die Partei zwar eine Ostdeutsche an ihre Spitze gewählt, ein Fakt, den Ost-Delegierte auf dem Parteitag in Essen mit Genugtuung und auch mit Staunen zur Kenntnis nahmen.

Um den Osten wird nicht mehr so viel Aufhebens gemacht in der CDU. Da hat die Partei zwar eine Ostdeutsche an ihre Spitze gewählt, ein Fakt, den Ost-Delegierte auf dem Parteitag in Essen mit Genugtuung und auch mit Staunen zur Kenntnis nahmen. Denn eine Macht sind sie nicht in der Partei. Nur ein Zehntel der Parteimitglieder stammt aus den Ost-Verbänden. Nach der vor allem zwischen Rügen und Erzgebirge herben Niederlage bei der Bundestagswahl 1998 schnitten sie dennoch beim folgenden Wahlparteitag überproportional gut ab. Vier von 12 gewählten Präsidiumsmitgliedern stellten die "Ossis". Bei den Führungswahlen in Essen sind sie nun ein wenig gestutzt worden. Die einen traf es mehr (nämlich die sonst so wortstarken Sachsen), die anderen weniger (zum Beispiel die Thüringer). Im Osten beginnen sich Gewichte zu verschieben.

Zwei Ost-Vertreter sind noch im Präsidium: Dagmar Schipanski, die Erfurter Wissenschaftsministerin, und der brandenburgische Landeschef Jörg Schönbohm. Schönbohm verdankte die Wahl wohl mehr seinem nationalkonservativen Profil. Dramatisch gescheitert ist der DDR-Bürgerrechtler Arnold Vaatz, Ex-Minister und Bundestagsabgeordneter aus Sachsen, einst Hoffnungsträger unter den Neumitgliedern in der ehemaligen Blockpartei, 1998 noch mit einem Spitzenergebnis ins Präsidium gewählt. Seine wortreichen Bekenntnisse zu Helmut Kohl, Unmut über seine Auftritte und Nicht-Auftritte im Bundestag und sein unglückliches Vorgehen bei der Wahl des Ost-Sprechers der Bundestagsfraktion im März - all das ließ ihn abstürzen. Für den Vorstand wollte er nicht mehr antreten. Und aus Sachsen schien ihn, ohne den die Erneuerung der Sachsen-CDU anders verlaufen wäre, niemand rechtzeitig ermuntern zu wollen.

Überhaupt die Sachsen-Union. Kurt Biedenkopfs Landesverband, der mit seinen 50-plus-Wahlergebnissen eigentlich eine kleine Macht sein müsste in der CDU, spielt auf Bundesebene keine Rolle - außer Biedenkopf natürlich, der allerdings auf eine Wahl verzichtete, weil er als Ministerpräsident ohnehin im Präsidium sitzt. Und sonst? Die in der Landespolitik bedeutungslose Maria Michalk erreichte ein ordentliches Ergebnis, weil die Frauen-Union hinter ihr stand. Doch der überregional profilierte und als möglicher Biedenkopf-Nachfolger geltende Finanzminister Georg Milbradt schnitt schlecht ab mit gerade einmal 55 Prozent. Und der in Dresden als neue Hoffnung genannte junge Europaminister Stanislaw Tillich wurde erst gar nicht in den Vorstand gewählt. Biedenkopf dagegen ließ am Mittwoch mit der Äußerung aufmerken, in Dresden stehe Verjüngung nicht auf der Tagesordnung: Es gebe derzeit keinen Bedarf, über seine Ablösung nachzudenken, sagte er im Deutschlandfunk.

Schlechter als Sachsen steht nur Sachsen-Anhalt da. Obwohl die CDU dort nach ihren Skandalen und Niederlagen langsam wieder Boden unter den Füssen fühlt, scheiterte ihr Kandidat, der 39-jährige Landrat Thomas Leimbach, trotz Jugend und seiner Favoritenrolle für die Parteiführung im Land. Ganz anders, geschlossen und gut aufgestellt, wirkt dagegen die einst als häßliches Ost-Entlein verschrieene Thüringer CDU: Der ewig lächelnde Bernhard Vogel einmal mehr mit einem Top-Ergebnis, Schipanski an seiner Seite auf dem Podium (so baut man Nachfolgekandidaten auf), der Landtagsfraktionschef Dieter Althaus (noch ein Kandidat) mit einem der besseren Ergebnisse im Vorstand.

Auch Eckhardt Rehberg, der CDU-Fraktionschef in Schwerin, schnitt gut ab. Doch er hat ein Problem, über das er in Essen nur sehr einsilbig redete. Jemand muss die Führung der Nordost-CDU übernehmen, die bislang von Angela Merkel geführt wurde - mit Rehberg als starkem Mann bequem im Hintergrund. Nun soll er vortreten. Bis Ende April wolle man darüber nachdenken, sagt er. Am 20. Mai ist Parteitag. Eine andere Frage stellt sich erst viel später: Wer tritt im Herbst 2002 als Spitzenkandidat gegen SPD-Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) an? Ein Partei- und Fraktionschef ist da gemeinhin erste Wahl. Aber vielleicht will ja dann die Bundesvorsitzende auch Ministerpräsidentin werden. "Er sei kein Mann für halbe Sachen", hat Rehberg gesagt.

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