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Martin Schulz (SPD) unterhält sich 2013 beim Bundesparteitag mit SPD-Chef Sigmar Gabriel (rechts).

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Die SPD und ihr Kanzlerkandidat: Martin Schulz - Liebling vieler Genossen

Der scheidende EU-Parlamentspräsident begeistert viele in der SPD. Für Parteichef Sigmar Gabriel kann das ein Problem werden.

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Wie lange kann eine Freundschaft eine solche Belastungsprobe aushalten? Immer wieder haben SPD-Chef Sigmar Gabriel und der scheidende EU-Parlamentspräsident Martin Schulz ihr besonderes Vertrauensverhältnis beschworen. Nie, nie, nie werde Schulz sich gegen Gabriel stellen und versuchen, ihm das Recht des ersten Zugriffs auf die Kanzlerkandidatur zu entreißen, hieß es aus dem Umfeld des Europapolitikers und aus dem Willy-Brandt-Haus.

Wirklich nicht? Tatsache ist: Seit Schulz am Donnerstag seine Brüsseler Karriere für beendet erklärte und seine Bundestagskandidatur auf dem Listenplatz eins der NRW-SPD ankündigte, hat sich die Aufstellung im SPD-Machtspiel verändert. Bisher schien Gabriel nach Erfolgen bei der Tengelmann-Rettung und der Nominierung von Frank-Walter Steinmeier für das Amt des Bundespräsidenten in den eigenen Reihen fast unangreifbar. Doch nun stehen zwei gleichwertige politische Schwergewichte bereit. Die Sozialdemokraten haben plötzlich eine Wahl.

Zwar stellt bislang kein prominenter Genosse Gabriels Recht des ersten Zugriffs auf die Kandidatur öffentlich infrage. Herausgefordert fühlen muss sich der Parteichef trotzdem. Dass Schulz nun geradezu Huldigungen erfährt, kann ihm so wenig gefallen wie der Umstand, dass der Ex- Buchhändler mit fulminanten Auftritten bei SPD-Veranstaltungen immer wieder seine Qualität als Wahlkämpfer unter Beweis stellte. Im Gabriel-Lager drängte sich manchem der Eindruck auf, Schulz fahre eine Kampagne in eigener Sache.

Gabriel muss eine Pro-Schulz-Bewegung in den eigenen Reihen fürchten. In etlichen Landesverbänden gibt es immer noch starke Vorbehalte gegen eine Kandidatur des Vorsitzenden. Insbesondere in seinem eigenen in Niedersachsen, in vielen Ost-Verbänden, in Bayern, Teilen von Nordrhein-Westfalen fürchten viele, dass Gabriel als Kandidat die Wähler nicht überzeugt – und vor allem auch nicht die eigenen Wahlkämpfer. Dagegen löse Schulz mit seinem Kampfeswillen an der Basis regelrecht Begeisterung aus, schwärmt ein einflussreicher SPD-Mann.

Bestärkt fühlen dürfen sich die Schulz- Freunde

Zu den Unterstützern des Europapolitikers zählen auch die Jusos. Ihre Chefin Johanna Uekermann plädiert dafür, die Basis entscheiden zu lassen: „Es wäre eine tolle Chance für die SPD, wenn wir unseren Kanzlerkandidaten in einer Urwahl bestimmten, bei der Martin Schulz, Sigmar Gabriel und vielleicht ja noch weitere gegeneinander antreten.“

Bestärkt fühlen dürfen sich die Schulz- Freunde durch die Umfragen. 51 Prozent der Befragten wünschen sich dem jüngsten Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel zufolge, dass Schulz für die SPD ins Rennen geht, nur 29 Prozent sind für Gabriel. Bei jenen Befragten, die Gabriels Arbeit als Parteichef noch genauer verfolgen, fällt die Bilanz noch schlechter aus: Unter den SPD-Anhängern liegt Schulz mit 64 Prozent Zuspruch noch weiter vorn. Nur 27 Prozent sind für Gabriel. Sofern der SPD-Chef Merkel herausfordert, würden ihn nur 25 Prozent als Kanzler bevorzugen. Schulz käme in der gleichen Konstellation auf 39 Prozent. Allerdings herrschen in der SPD Zweifel, ob der Höhenflug von Schulz in den Umfragen Bestand hätte, wenn er tatsächlich Kandidat würde. Keine Regierungserfahrung, in der Innenpolitik wenig bewandert, diese Defizite könnten sich bald bemerkbar machen, warnen Skeptiker. Unvergessen auch, dass sich Schulz einst für die Einführung von Eurobonds ausgesprochen hat, die eine Mehrheit der deutschen Steuerzahler strikt ablehnt.

Die Spitze der SPD in NRW, die im Mai die Macht an Rhein und Ruhr verteidigen will, setzt denn auch weiter auf Gabriel. „Zusammen mit Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidat bildet Martin Schulz als Nummer eins auf der Landesliste von NRW ein tolles Team, mit dem wir die Merkel- CDU schlagen können“, sagt Norbert Römer, SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag: „Wir setzen auf Sieg.“

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