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Politik: Die SPD verliert ihr soziales Profil

Politbarometer: Nur 22 Prozent bewerten Schröders Partei positiv /Noch nie hatte eine Regierung so wenig Ansehen

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Berlin. Nach den Renten-Beschlüssen des Kabinetts ist das Ansehen der rot-grünen Regierung auf einen Tiefpunkt gesunken. Die Koalition erhielt den schlechstesten je beim Politbarometer für Tagesspiegel und ZDF gemessenen Wert für eine Regierung. Die Kanzlerpartei wird nur noch von 22 Prozent der Befragten positiv bewertet. Wäre am Sonntag Wahl, käme die SPD noch auf 29 Prozent. Die Union dagegen läge bei 48 Prozent und könnte wohl alleine regieren. Zudem gilt die SPD immer weniger als soziale Partei: 1996 hielten 53 Prozent die Sozialdemokraten für am ehesten sozial, jetzt sind es 27 Prozent – ein Wert, auf den auch die Union kommt.

14 Prozent glauben, die SPD könne die Sozialsysteme am besten reformieren. Der Union trauen das 32 Prozent zu. Erstmals seit dem Beginn des Politbarometers im Jahr 1977 ist die SPD bei der Sonntagsfrage unter 30 Prozent gefallen. Der Kanzler selbst hat mit einer Note von minus 0,5 ebenfalls einen Sympathietiefpunkt erreicht. Im August kam er noch auf plus 0,2. Die Arbeit von Rot-Grün wird mit minus 1,7 benotet.

Bei den Befragten, die älter als 60 Jahre sind, ist der Fall der SPD besonders dramatisch. Nur noch 21 Prozent gewähren der SPD ihre Sympathie – gegenüber 31 Prozent im Vormonat. Gleichzeitig ist das Rententhema im Bewusstsein aller Bürger weiter nach oben gerückt. Es ist nach dem „Dauerspitzenreiter“ Arbeitslosigkeit mit 32 Prozent nun zweitwichtigstes Thema. Nur vier Prozent meinen, in den Sozialsystemen sei alles in Ordnung. Die Nullrunde bei den Renten halten allerdings 54 Prozent der Befragten für nicht richtig. Die Alternative aber hat weniger Befürworter: 71 Prozent sind gegen eine Erhöhung der Rentenbeiträge.

SPD-Sozialministerin Ulla Schmidt verteidigte die Rentenkürzungspläne als „unvermeidbar“. Nullrunde, höhere Pflegebeiträge für Rentner und spätere Auszahlung der Bezüge seien erforderlich, um das Loch der Rentenkasse von acht Milliarden Euro zu stopfen. CDU-Sozialexperte Andreas Storm bezeichnete das Notpaket der Regierung als „Irrweg“. Am Vorabend hatte es in der SPD-Fraktion heftige Debatten gegeben. Rund zehn Abgeordnete votierten gegen die Beschlüsse der Regierung. Gleichwohl kündigte einer der Kritiker, Klaus Barthel, an, das Notprogramm am 6. November im Bundestag zu unterstützen. Dem Tagesspiegel sagte er, es sei „erforderlich und begründbar“. Die Fraktion kritisiere vor allem die geplante Streichung von Rentenanrechnungsjahren für die Ausbildung und die Heraufsetzung des Rentenalters. Daraufhin hieß es in der SPD-Fraktion, die Abstimmung eines entsprechenden Entschließungsantrags werde auf einen Zeitpunkt nach dem SPD-Parteitag Mitte November verschoben.

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