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Politik: Die Stromkonzerne lehnen aber alle Vorleistungen ab

Die Atomindustrie will keine Vorleistungen für einen Atomkonsens erbringen, ist aber zu baldigen Gesprächen mit der Regierung bereit. Vertreter von Stromkonzernen reagierten am Montag ablehnend auf eine Anregung von Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos), den Grünen ein Zeichen zu geben, dass sie mit der Abschaltung eines AKW vor der nächsten Wahl rechnen können.

Von Robert Birnbaum

Die Atomindustrie will keine Vorleistungen für einen Atomkonsens erbringen, ist aber zu baldigen Gesprächen mit der Regierung bereit. Vertreter von Stromkonzernen reagierten am Montag ablehnend auf eine Anregung von Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos), den Grünen ein Zeichen zu geben, dass sie mit der Abschaltung eines AKW vor der nächsten Wahl rechnen können. Ein Sprecher der Energie Baden-Württemberg (EnBW) sagte dem Tagesspiegel, wenn Müller von einem "Zeichen" rede, dann sei das "ein freundliches Wort für ein Bauernopfer". Eine Konsensrunde, die mit einem Mogelgeschäft beginnen würde, wäre nicht sehr vertrauenswürdig. Der Sprecher drang aber darauf, dass die Regierung sich mit den AKW-Betreibern zusammensetzen sollte. "Es muss halt mal ein Knopf dran gemacht werden", sagte er.

Müller hatte Verständnis dafür gezeigt, dass für die Grünen die Abschaltung eines AKW vor der nächsten Wahl symbolisch wichtig sei. Die Industrie müsse nun ernsthaft überlegen, ob sie für einen Konsens mit der Regierung nicht ein Symbol mittragen könne. Die Stromkonzerne hatten weitere Gespräche davon abhängig gemacht, dass die Regierung intern ihre Position für den Fall eines Dissenses klärt. Inzwischen besteht in der Koalition Einigkeit, dass ein Zwangsausstieg nur möglich wäre, wenn den Konzernen 30 Jahre Laufzeit sowie drei Jahre Übergangsfrist für alte AKWs zugestanden würden.

Der Sprecher von EnBW-Chef Gerhard Goll betonte, die Atomwirtschaft meine es ernst mit dem Konsens. Sie sei bereit, von Maximalpositionen wie der technisch und wirtschaftlich möglichen Reaktor-Laufzeit von 40 Jahren Abstriche zu machen, wenn sie im Gegenzug einen von politischen Interventionen freien Betrieb garantiert bekomme.

Über das von den Grünen-Ministern Jürgen Trittin und Joschka Fischer vorgelegte Modell flexibler Betriebszeiten "kann man reden". Das Modell sieht vor, dass Regierung und Industrie sich auf eine Gesamtlaufzeit aller Atomkraftwerke verständigen und die Wirtschaft dann selbst entscheidet, ob sie ältere Reaktoren früher vom Netz nimmt und dafür jüngere Meiler länger laufen lässt. Die Industrie favorisiert allerdings einen ähnlichen Vorschlag von Minister Müller, bei dem Strommengen statt Laufzeiten vereinbart werden sollen.

Auch bei anderen Stromkonzernen stieß Müllers Aufforderung auf Ablehnung. Es wäre weder mit dem Aktienrecht noch mit der Verpflichtung für die eigenen Mitarbeiter vereinbar, wenn die Stromkonzerne einseitig ein AKW stillegen oder das auch nur ankündigen würden, hieß es am Montag in mehreren Konzernzentralen.

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