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Politik: Die Stunde der Moderaten

Die Festnahme könnte Einfluss auf die US-Präsidentschaftswahl haben

Er hat gelernt. Die Tonlage ist ernst, getragen, vorsichtig. George W. Bush weiß nun, wie schnell ihm falsche Gesten und flapsige Bemerkungen angekreidet werden. Die Festnahme Saddam Husseins ist für den US-Präsidenten der bislang größte Triumph in seinem Kampf gegen den Terrorismus. Das Doppelbild vom Sonntag wärmt sein Gemüt: der Tyrann in Handschellen, das jubelnde Volk in Bagdad. Kein Wunder, dass die Popularität von Bush in Umfragen nach oben schnellte.

Dieser Mann wird vom Glück verfolgt, murmeln folglich viele Demokraten. Offiziell drückt jeder von ihnen seine Freude über das Gelingen der „Operation Morgenröte“ aus. Doch hinter der Fassade rumort es. Monatelang hatte einigen von ihnen das Thema Irak-Krieg zur Profilierung gedient. Nicht nur ein falscher Krieg zur falschen Zeit sei das gewesen, sondern vor allem ein nutzloser, hieß es. Wer dann noch einen hämischen Kommentar über den „spurlos verschwundenen Saddam Hussein“ fallen ließ, konnte mit Applaus rechnen.

Diese Dynamik ändert sich jetzt. Die Festnahme Saddams verstärkt die Kontroversen zwischen den drei Lagern der Opposition. Die Pole bilden Joe Lieberman, der einst an der Seite von Al Gore ins Präsidentschaftsrennen ging, und Howard Dean, der als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat der Demokraten gilt. Lieberman ist Befürworter des Irak-Kriegs, Dean war stets dagegen. Andere Demokraten, wie John Kerry, Richard Gephardt und John Edwards, haben den Krieg zwar im Kongress unterstützt, monieren seitdem aber diverse Fehler der Bush-Regierung.

„Halleluja, gelobt sei der Herr!“, so feierte Lieberman am Sonntag die frohe Botschaft. Und dann drosch er verbal auf Dean ein wie kaum ein anderer Republikaner. „Wenn es nach Dean gegangen wäre, wäre Saddam Hussein heute noch an der Macht und nicht im Gefängnis, und die ganze Welt wäre sehr viel gefährlicher.“ Auch andere Demokraten nutzten die Gunst der Stunde. Verfängliche Zitate Deans über den Irak-Krieg wurden gestreut. Aus der Umgebung Gephardts und Edwards’ war unverhohlen die Hoffnung zu hören, Deans Aufstieg an die Spitze der Demokraten könne gestoppt werden.

Dean selbst, der sonst kaum zu bremsen ist, reagierte auffallend knapp. „Unsere Truppen müssen beglückwünscht werden“, sagte er. Vordergründig ist die Bilanz einfach: Saddams Festnahme nützt Bush und schadet Dean. Doch langfristig könnte ausgerechnet dieser Effekt für Bush gefährlich werden. Ein moderater demokratischer Herausforderer hätte bei der Präsidentschaftswahl größere Chancen gegen den Amtsinhaber als Dean.

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