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Politik: Die Stunde der Radikalen

Von Martin Alioth, Dublin Die britische Regierung hat am Mittwoch strengere Maßstäbe bei der Beurteilung der paramilitärischen Waffenruhe in Nordirland angekündigt. Premierminister Tony Blair und sein Nordirlandminister John Reid entsprachen damit einem Wunsch des protestantischen Chefministers Nordirlands, David Trimble, der einen Vertrauensschwund bei seinen Wählern beklagte, und dafür die IRA verantwortlich gemacht hatte.

Von Martin Alioth, Dublin

Die britische Regierung hat am Mittwoch strengere Maßstäbe bei der Beurteilung der paramilitärischen Waffenruhe in Nordirland angekündigt. Premierminister Tony Blair und sein Nordirlandminister John Reid entsprachen damit einem Wunsch des protestantischen Chefministers Nordirlands, David Trimble, der einen Vertrauensschwund bei seinen Wählern beklagte, und dafür die IRA verantwortlich gemacht hatte. Doch London weigerte sich, Maßnahmen für den Ausschluss der IRA-nahen Sinn-Fein-Partei aus der nordirischen Regierung zu ergreifen.

In der Tat scheint die gegenwärtige Bedrohung des Friedens nur sehr bedingt von der IRA auszugehen: Mehrere Tausend Bürger von Belfast hielten am Dienstagabend eine Mahnwache für einen 19-jährigen Katholiken, der übers Wochenende von der protestantischen UFF erschossen worden war. Die Meldungen lassen keinen Zweifel aufkommen, dass die Aggression auf das Konto protestantischer Kommandos geht.

Vor diesem Hintergrund warnte der Präsident der IRA-nahen Sinn-Fein-Partei, Gerry Adams, diese Woche davor, Strafmaßnahmen gegen die IRA zu ergreifen. Die zwielichtigen Verbindungen der IRA zu kolumbianischen Guerillas, ein angeblicher Einbruch im Hauptquartier des polizeilichen Nachrichtendienstes in Belfast und die Koordination von Krawallen in Belfast – das Sündenregister der IRA ist nach Meinung von David Trimble so lang, dass Sanktionen nötig sind.

Die Entschuldigung der IRA bei ihren zivilen Opfern letzte Woche oder die Kranzniederlegung für britische Soldaten durch den Sinn-Fein-Bürgermeister von Belfast zählen offenbar nicht, die versöhnlichen Gesten werden von David Trimble als ungenügend gerügt.

Stattdessen warnt der höchste Protestanten-Politiker vor einem Horrorszenario nach der Neuwahl für das nordirische Parlament im kommenden Mai: Sein alter Rivale Pfarrer Ian Paisley, der stets verneinende Protestantenführer, werde Chefminister werden, mit Sinn Feins Gerry Adams als Vize. Trimbles Ausweg aus diesem Dilemma besteht offenbar darin, eine künstliche Krisenstimmung zu erzeugen.

Am Mittwochabend rügte er die neuen Maßnahmen der britischen Regierung als „zu furchtsam“, verzichtete aber darauf, mit seinem Rücktritt zu drohen. Stattdessen fährt Trimble am kommenden Freitag erst einmal in Urlaub.

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