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Politik: Die Stunde des Präsidenten

Der slowakische Staatschef Schuster nimmt seine Amtsgeschäfte wieder auf – nach der Wahl könnte er eine Schlüsselrolle spielen

Von Paul Kreiner, Wien

Fieberschübe, Hautausschlag, Schwäche – lange haben die Ärzte gerätselt, was dem slowakischen Staatspräsidenten Rudolf Schuster fehlt. Nun glauben sie, die Slowaken beruhigen zu können: Es müsse eine Infektion der Gallenwege sein; vergiftet worden sei der 68-Jährige nicht. Diesen Verdacht hatte Schusters Familie geäußert und damit vor allem deutlich gemacht, wie vergiftet die politische Atmosphäre in der Slowakei ist.

Am Donnerstag verließ der Präsident die Wiener Uniklinik und nahm seine Amtsgeschäfte wieder auf. Nachdem in seiner Heimat zunächst Kritik laut geworden war, dass sich der Präsident im Nachbarland behandeln ließ, dürften nicht wenige seiner Landsleute froh über die rasche Genesung sein. Schuster wird in Bratislava dringend gebraucht: Was immer man von seiner Vergangenheit als Spitzenfunktionär der tschechoslowakischen KP hält, der Karpatendeutsche Schuster gilt als Garant für den EU- und den Nato-Beitritt seines Landes.

Nach der Parlamentswahl in drei Wochen kommt ihm als Präsidenten eine Schlüsselrolle zu. Denn er entscheidet, wer mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Viele Slowaken und auch westliche Politiker hoffen, Schuster werde ein Comeback des früheren Regierungschefs Vladimir Meciar verhindern. Meciar hatte das Land von 1992 bis 1998 mit seiner selbstherrlichen Politik in die Isolation geführt. Seine Abwahl gelang vor vier Jahren nur mit einer Art Allparteienbündnis, dem sich Altlinke ebenso anschlossen wie die Christdemokraten und die ungarische Minderheit. Doch die mehr als zehn Gruppen sind inzwischen heillos zerstritten, und auch das Publikum hat dem Bündnis die Gunst entzogen. Die Linken werden den Umfragen zufolge nicht einmal mehr ins Parlament kommen. Bisher ist Meciars „Bewegung für eine Demokratische Slowakei“ (HZDS) der Favorit. Ihr werden rund 19 Prozent der Stimmen zugeschrieben.

Der Taktiker Meciar hat allerdings einen Fehler begangen: Er hat seinen Parteifreund Ivan Gasparovic nicht auf die Liste der HZDS gesetzt. Nun hat sich Gasparovic mit einer eigenen Partei selbstständig gemacht. Von Meciar unterscheidet sich die überraschend populäre Abspaltung vor allem in einem Punkt: Sie verkörpert glaubwürdiger als der – immerhin verbal gewandelte – Autokrat eine Hinwendung zu EU und Nato.

Wer die Slowakei nach dem 21. September regiert, hängt von den völlig unvorhersehbaren Ergebnissen der Koalitionsgespräche ab. Mit Meciar zusammen will niemand regieren. Die bisher stärkste Regierungspartei, die „Demokratische und Christliche Union“ von Premierminister Mikulas Dzurinda, liegt bei mageren zehn Prozent.

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