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Politik: Die Unicef spricht von der "größten sozialen Katastrophe des modernen Zeitalters" - zehn Millionen Waisen durch die Krankheit

Als "größte soziale Katastrophe des modernen Zeitalters" hat Unicef die Ausbreitung von Aids im südlichen Afrika bezeichnet. Anlässlich des Weltkindertags am 20.

Als "größte soziale Katastrophe des modernen Zeitalters" hat Unicef die Ausbreitung von Aids im südlichen Afrika bezeichnet. Anlässlich des Weltkindertags am 20. September ruft das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen zur Hilfe für die Aids-Waisen auf, deren Zahl sich im Jahr 2000 auf 10,4 Millionen erhöhen wird. Reinhard Schlagintweit, Vorsitzender von Unicef Deutschland, sagte am Donnerstag in Berlin, dass Aids in den Ländern südlich der Sahara die gesellschaftlichen Strukturen bedrohe. Urban Jonsson, Unicef-Regionaldirektor in Süd- und Ostafrika, beklagte, dass vor allem Schweigen und Verdrängung zur ungehinderten Ausbreitung der Epidemie führten.

Etwa 250 000 Mensch stürben in Afrika jährlich infolge von Kriegen und Bürgerkriegen, sagte Schlagintweit, an der Immunschwächekrankheit Aids jedoch zehnmal so viel. Betroffen ist vor allem die Elterngeneration, anders als in den westlichen Industrienationen ist in Afrika die Infektionsrate bei Frauen nicht niedriger als bei Männern. Im südlichen Afrika leben derzeit 9,6, Millionen Kinder unter 15 Jahren, die ihre Mutter oder beide Elternteile verloren haben. "Auf den Tod, nicht auf das Leben", sei in vielen afrikanischen Dörfern der Alltag gerichtet, sagte Jonsson. Wenn er heute eine Dorfgemeinschaft in Kenia oder Tansania besuche, dann träfe er dort Kinder und Alte, aber niemanden zwischen 18 und 35 Jahren. Die traditionellen Großfamilien und Clans seien längst überfordert, die verwaisten Kinder aufzunehmen und zu versorgen. Aids sprenge so die herkömmlichen Sozialstrukturen. Inzwischen lebten viele Waisen in Kinderhaushalten, in denen Zehnjährige ihre jüngeren Geschwister versorgten. Die Hälfte der Aids-Waisen gelte als unterernährt, zudem seien viele von ihnen selbst HIV-infiziert oder erkrankt.

Wie Jonsson sagte, lebten in afrikanischen Städten zahllose Kinder auf der Straße, oft aggressiv und durch die Prositution mit wiederum hohem Infektionsrisiko. "Das wichtigste Mittel gegen Aids ist die Aufklärung der Bevölkerung" sagte Schlagintweit. Als positives Beispiel gilt Uganda, wo eine frühzeitige öffentliche Diskussion dazu geführt hat, dass der Anteil der HIV-Infizierten in einigen Regionen von 38 Prozent im Jahr 1991 auf 7,3 Prozent 1996 zurückgegangen ist.

Eine Milliarde Dollar jährlich will Unicef für die Grundversorgung der Waisen mobilisieren. Lediglich 140 Millionen Dollar, klagte Jonsson, seien 1997 im südlichen Afrika eingesetzt worden, soviel wie für einen Jumbo-Jet. Schlagintweit sagte, die Pharma-Branche investiere mehr Mittel in die Medikamentenforschung für Katzen und Hunde als in die Aids-Forschung. Der Wirkstoff AZT, der in den westlichen Ländern mit Erfolg eingesetzt wird, sei sehr teuer.

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