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Politik: Die Vereinten Nationen erfinden sich neu

Annan wirbt für größte Reform der 60-jährigen UN-Geschichte / Berlin hofft auf Sitz im Weltsicherheitsrat

New York/Berlin - Mit einem flammenden Appell hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), Kofi Annan, am Montag den Countdown für die größte Reform der UN seit ihrer Gründung 1945 eingeleitet. „Dieser Saal hat genug großartig klingende Absichtserklärungen gehört, die reichen noch für das nächste Jahrzehnt“, sagte Annan vor der UN-Hauptversammlung in New York. Nun brauche es Taten, um diese Versprechen zu erfüllen.

Um die um ihren Einfluss ringende Weltorganisation für die Aufgaben des 21. Jahrhunderts fit zu machen, schlägt Annan die Erweiterung des Weltsicherheitsrates vor, notfalls auch per Kampfabstimmung. Die Generalversammlung kann die Aufnahme neuer Mitglieder mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen. Deutschland hofft im Zuge der Reform auf einen ständigen Ratssitz. Annan will zudem die umstrittene Menschenrechtskommission in Genf zu einem machtvollen UN-Rat aufwerten.

Die Frage, ob der Sicherheitsrat durch ständige oder nur durch nicht-ständige Mitglieder erweitert wird, ließ Annan offen. Deutschland versteht seinen Bericht dennoch als einen Schritt hin zu einem festen Sitz. Beide Reformvarianten sehen eine Aufstockung des Sicherheitsrates von 15 auf 24 Mitglieder vor.

Während Annan dazu aufrief, die UN-Reform bereits auf einem Gipfel im September als Gesamtpaket zu beschließen, äußerten sich die USA skeptisch. Ein ranghoher US-Regierungsbeamter sagte dem „Handelsblatt“, dass ein Kompromiss bis zum September in Washington als „unrealistisch“ angesehen werde. Die USA, die um ihre Vormachtstellung bangen, gehören zu den größten Gegnern der Reform. In Berlin stießen Annans Reformpläne hingegen auf große Zustimmung. Regierungssprecher Thomas Steg sprach von einem „ganz starken, kräftigen und neuen Impuls“ für die Reform. Die Bundesregierung sehe sich zudem in ihrem Streben nach einem ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat bestätigt. Paris begrüßte Annans Pläne als „ausgezeichnete Arbeitsgrundlage“.

Der SPD-Politiker Gert Weisskirchen sagte dem Tagesspiegel, Annan habe „Demokratie, Transparenz und Effizienz“ vorangestellt und damit voll den Vorstellungen der Bundesregierung entsprochen. Unions-Außenexperte Wolfgang Schäuble sagte, Annans Bericht gehe „in die richtige Richtung“. Mit Blick auf einen möglichen ständigen deutschen Sitz kritisierte er aber die „sehr deutsche Debatte“.

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