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Politik: Die Verteidiger wollen jetzt den Überfallenen eine Mitschuld nachweisen

Trägt einer der angegriffenen Ausländer Mitverantwortung für die tödliche Hetzjagd in Guben? Mit der hartnäckigen Befragung eines Kubaners haben einige Verteidiger am gestrigen Prozesstag im Landgericht Cottbus den Eindruck erweckt, die Schuld am Tod von Farid Guendoul alias Omar Ben Noui solle dem lateinamerikanischen Zeugen angelastet werden.

Von Frank Jansen

Trägt einer der angegriffenen Ausländer Mitverantwortung für die tödliche Hetzjagd in Guben? Mit der hartnäckigen Befragung eines Kubaners haben einige Verteidiger am gestrigen Prozesstag im Landgericht Cottbus den Eindruck erweckt, die Schuld am Tod von Farid Guendoul alias Omar Ben Noui solle dem lateinamerikanischen Zeugen angelastet werden. Dieser war in der Nacht zum 13. Februar in Guben vor einer Diskothek in eine Auseinandersetzung zwischen Vietnamesen und Skinheads geraten. Als ihn ein Deutscher mit den Worten "Neger verpiss dich" beleidigte und ein Zweiter zu Boden schubste, habe er nach einem Gegenstand gesucht, um sich verteidigen, berichtete der Kubaner. Er fand ein Stück Blech und schlug damit einem Skinhead zweimal in den Rücken. Genau an diesem Punkt der Aussage setzten mehrere Verteidiger immer wieder an: Warum habe der Zeuge das Blech gesucht und als Waffe benutzt, anstatt sofort zu fliehen? Der nach zweistündiger Befragung zermürbt wirkende Kubaner wiederholte immer wieder, er habe viel Angst gehabt und sich vor weiteren Angriffen schützen wollen.

Die Verteidiger messen den Aussagen dieses Zeugen große Bedeutung bei, weil durch seine Schläge mit dem Blech ein Skinhead verletzt wurde. Damit war für diesen und für seine Freunde der Anlass gegeben, den nach dem Vorfall verschwundenen Kubaner zu suchen. Die bei der Hetzjagd dann angetroffenen Afrikaner, darunter Farid Guendoul, wurden wegen ihrer Hautfarbe von den rachsüchtigen Skins automatisch verdächtigt und angegriffen. Guendoul bezahlte den "Irrtum" mit seinem Leben.

Der mit dem Blech geschlagene "Glatzkopf" weigerte sich gestern, als Zeuge zur Februarnacht auszusagen. Zuvor hatten einige Verteidiger erneut die Hauptverhandlung verzögert. Nachdem zunächst ein Anwalt den Vorwurf der Verschleppung in einer Erklärung zurückgewiesen hatte, stellte anschliessend ein Kollege den Antrag, die Verhandlung zu unterbrechen, da er sicht nicht ausreichend habe vorbereiten können. Die dritte Große Strafkammer zeigte sich unbeeindruckt, doch konnte die Befragung der geladenen Zeugen erst nach zweistündiger Verspätung beginnen.

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