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Wer gibt mehr? Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz im Wahlkampfversprechenwettbewerb.

© Gregor Fischer/dpa

Die Wahlprogramme im Vergleich: Wer von den Plänen von Union und SPD am meisten profitiert

Der Gabentisch ist angerichtet. Die Parteien haben ihre Wahlprogramme beschlossen. Wer wird entlastet? Ein Blick auf die Pläne von Union und SPD.

Von Lutz Haverkamp

Geringverdiener: Wer wenig verdient, bezahlt in der Regel wenig oder gar keine Steuern. Folge: Die angekündigten Steuersenkungen beider Parteien gehen an dieser Gruppe vorbei und helfen ihnen nicht. Entlastungen sind nur über geringere Abgaben für die Sozialversicherung oder über direkte Zahlungen vom Staat möglich. Die von der SPD geplante "Bürgerversicherung" könnte hier helfen, denn sie sieht die Abschaffung der nur von den Versicherten gezahlten Zusatzbeiträge vor. Vollbeschäftigung – wie von der Union konkret bis 2025 angepeilt, würde Spielräume bei den Sozialabgaben ermöglichen. Explizit beschlossen haben CDU und CSU eine Senkung zum Beispiel des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung aber nicht.

Gutverdiener: Was im Sozialstaat Deutschland verteilt wird, muss vorher von Arbeitnehmern und Unternehmern verdient werden. Sie sind Leistungsträger in beide Richtungen – sie schaffen das Sozialprodukt und finanzieren über Steuern und Abgaben das Gemeinwesen. Entlastungen für diese Gruppe versprechen Sozial- wie Christdemokraten. Auf 15 Milliarden weniger Einkommensteuer haben sich CDU und CSU verständigt, billiger wird es bei der SPD auch nicht werden. 42 Prozent Einkommenssteuer sollen alle bezahlen, die mehr als 60000 Euro (Alleinstehende) oder 120000 Euro (Paare) zu versteuerndes Einkommen haben. Bisher liegen diese Sätze bei 54000 und 108000 Euro. Der Unterschied: Die SPD fordert einen neuen Spitzensteuersatz ab einer Grenze von 76200/152400 Euro von 45 Prozent und eine sogenannte "Reichensteuer". Die soll in Höhe von 48 Prozent ab einem zu versteuernden Einkommen für Ledige von 250000 Euro anfallen. Während die Union also auf eine Gegenfinanzierung verzichtet, bittet die SPD Besser- und Bestverdienende stärker zu Kasse. Den ungeliebten Soli wollen sowohl die Union als auch die SPD ab 2020 abschaffen: Für die nächste Legislatur stellen die Christdemokraten hier vier Milliarden Euro, die Sozialdemokraten zehn Milliarden Euro Entlastung ins Schaufenster.

Familien: Verheiratete Frauen und Männer mit Kindern bilden die Lieblingswahlversprechengruppe aller Parteien. Familien können sich auf mehrere finanzielle Entlastungen und Hilfen freuen – fast egal, welches Regierungsprogramm umgesetzt wird. Die SPD will unter anderem ein "Familiengeld" einführen, das Eltern, die weniger arbeiten möchten, finanziell unterstützt. Die Union entdeckt das "Baukindergeld" wieder, das jungen Familien helfen soll, Wohnungseigentum zu kaufen. Zahlreiche weitere geplante Maßnahmen von CDU, CSU und SPD dürften widerspruchslos von den Familien akzeptiert werden.

Sozialversicherungen: Wer seinen Gehaltszettel genau studiert, sieht, dass er neben steuerlichen Abzügen viel Geld an Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abführen muss. In diesem Bereich dürften die größten politischen Auseinandersetzungen der kommenden Jahre stattfinden. Bei der Rente liegen Rot und Schwarz schon bei der Beurteilung der jetzigen Situation über Kreuz: Während die Union lediglich eine Rentenkommission für die schwierige Zeit nach 2030 einsetzen will, sieht die SPD akuten Handlungsbedarf und will das Rentenniveau gesetzlich festschreiben und den Beitragssatz deckeln.

Noch größer sind die Unterschiede zwischen den jetzigen Koalitionären bei der Gesundheitsversicherung. Während die Union grundsätzlich beim jetzigen System von gesetzlichen und privaten Kassen bleiben will, fordert die SPD eine "Bürgerversicherung". In ihr sollen jetzt gesetzlich und privat Versicherte ebenso aufgenommen werden können wie Beamte und Selbständige. Die SPD verkauft das unter dem Motto "Abschied von der Zwei-Klassen-Medizin". Für die Union wäre das Projekt der Abschied von Freiheit und Wettbewerb.

Liebe Leserin, lieber Leser, das Regierungsprogramm von CDU und CSU finden Sie hier, das Programm der SPD hier.

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