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Politik: Die Zeichen stehen auf Abschied

Ein Abgang von Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber wird immer wahrscheinlicher

Edmund Stoibers Bemerkung in Wildbad Kreuth bei der Tagung der Landesgruppe, er pflege keine halben Sachen zu machen, ist ein Satz von enormer Sprengkraft gewesen. Seitdem ist Stoiber kein Denkmal mehr – er hat sich politisch gewissermaßen selber zerlegt. Deutlicher nämlich hätte der noch amtierende Ministerpräsident des Freistaates nicht demonstrieren können, dass er die Stimmung in der Partei, aber auch im Land nicht mehr einzuschätzen weiß. Die Solidaritätsadresse des Präsidiums war ja gerade nicht als Blankoscheck zum Durchregieren gedacht. Stoiber verstand die Signale miss. Seitdem zeigt ihm die Partei die kalte Schulter. Ein Abgang Stoibers von der politischen Bühne wird immer wahrscheinlicher.

Zu spät kommen seine Einlenkmanöver, die am Freitag beim Neujahrsempfang der Staatsregierung in der steifen Geste gegenüber seiner Kritikerin Gabriele Pauli gipfelten. Stoiber gab ihr die Hand und wünschte ein „gutes und interessantes neues Jahr“. Die Fürther Landrätin begrüßte ihn mit den Worten, er möge Kraft haben, „für alles, was da kommt, egal, wie’s auch kommt“. Und es kommt jetzt eine Menge auf Edmund Stoiber zu, oder, je nach Betrachtungsweise, womöglich nichts mehr. Die eigentliche Frage scheint nur noch, in welchem Stil er sich zu seiner Verabschiedung verhält.

Längst hat die Partei angefangen, personelle Überlegungen für eine Zeit ohne Edmund Stoiber zu entwickeln, obwohl in München bei der CSU heftig dementiert wird, dass es sich um so etwas wie einen Putsch handeln könnte. Nein, es steckt allerhand Kalkül dahinter. Der Aschaffenburger Bundestagsabgeordnete Norbert Geis gibt zu, dass „die Leute zwar keine Revolution“ wollten, „sich aber schon Gedanken darüber machen, wie es ohne Edmund Stoiber weitergeht“. Das ist deutlich genug.

Die Szenarien sind geordneter, als es in der undurchsichtig wirkenden momentanen Situation zunächst den Anschein hat. Für das Amt des Parteivorsitzenden käme demnach nur der Bundesminister Horst Seehofer infrage, der unter Präsidiumsmitgliedern als „alternativlos“ gilt; das Amt des Ministerpräsidenten fiele an Günther Beckstein, der einerseits jetzt klargemacht hat, er werde niemals gegen Stoiber kandidieren, andererseits letztes Jahr schon festgelegt hat, nicht unter Erwin Huber als Innenminister arbeiten zu wollen. Huber wäre parteiintern als Ministerpräsident nicht durchsetzbar; Beckstein ist ganz eindeutig der beliebtere der beiden – und unbeliebter als jetzt darf sich die CSU nicht machen, will sie nicht unter die Fünfzig-Prozent-Grenze sinken. Es läuft also alles auf ein einvernehmliche Regelung mit Stoiber hinaus, herbeigeführt werden soll sie Anfang der Woche von den Unterhändlern Alois Glück und Joachim Herrmann.

Herrmann, der ursprünglich seitens der Fraktion eine Kreuther Ausrufung Stoibers zum nochmaligen Spitzenkandidaten öffentlich erwogen hatte, geht im Übrigen ziemlich beschädigt hervor aus dieser Geschichte. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass man ihn noch einmal als aussichtsreichen Mann für den Posten des Ministerpräsidenten betrachtet. Am Nachmittag erklärt Herrmann, dass er keinesfalls erwarte, dass Stoiber seine Spitzenpositionen „kampflos“ räume. Gerade deshalb müsse am Montag in Kreuth offen diskutiert werden. Herrmann sagte weiter, man müsse bei den internen Überlegungen auch „die Stimmung draußen“ berücksichtigen.

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