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Andre Poggenburg,AfD-Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt, nimmt Glückwünsche zum Wahlergebnis von mehr als 20 Prozent entgegen.

© Wolfgang Rattay/REUTERS

Die Zukunft der AfD: Noch weiter nach rechts

In allen drei Bundesländern hat die AfD nach ersten Hochrechnungen Ergebnisse über zehn Prozent erzielt, in Sachsen-Anhalt sogar über 20 Prozent.

Die AfD steht vor ihrem bisher größten Erfolg – und im entscheidenden Moment versagt die Technik. Der Ton des Beamers ist nicht zu hören bei der Wahlparty im „A&O Hostel“ inmitten der Plattenbauten von Berlin-Hohenschönhausen. Auch um Punkt 18 Uhr nicht. Viele der rund 150 Parteianhänger stehen daher erstmal auf dem Schlauch, kennen die genauen Prognosen nicht, können auch nichts sehen vor lauter Kameraleuten. Einer fragt: „Was ist denn jetzt mit dem grünen Gesindel?“ Gejubelt wird trotzdem. Vor allem wird ein Chor angestimmt: „Merkel muss weg, Merkel muss weg“.

Vorne auf dem kleinen Podium ruft Parteivize Beatrix von Storch ins Mikrofon, die AfD sei „nun angekommen in den westdeutschen Flächenländern“, man peile ein zweistelliges Ergebnis bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im September an. Ihr Vorstandskollege Albrecht Glaser sagt, die AfD wolle jetzt einen Platz in der Mitte besetzen – „als Volkspartei“.

Die AfD strotzt vor Selbstbewusstsein – die Erwartungen sogar der eigenen Parteispitze sind übertroffen worden an diesem Wahlsonntag. Mit mehr als 20 Prozent in Sachsen-Anhalt hatte parteiintern kaum jemand gerechnet. Dass die AfD dort nun sogar zweitstärkste Kraft geworden ist, wird zunächst einmal AfD-Landeschef André Poggenburg und dessen engsten Verbündeten stärken, den Thüringer Fraktionschef Björn Höcke. Beide führen den „Flügel“ an, jene parteiinterne Strömung, die wenig bis gar keine Distanz zu rechtsradikalem Gedankengut zeigt.

Damit befördert der Wahlsonntag die seit dem Sommer stattfindende Rechtsverschiebung der Partei noch einmal weiter. Der Einzug in die Landtage von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz darf darüber nicht hinwegtäuschen. Zwar wird die AfD weniger ostdeutsch geprägt sein als bisher. Weniger ostdeutsch heißt aber nicht weniger radikal.

Denn auch hinter den als verhältnismäßig moderat geltenden Spitzenkandidaten Jörg Meuthen in Stuttgart und Uwe Junge in Mainz ziehen Kandidaten in die Landtage ein, bei denen die Bezeichnung „rechtspopulistisch“ noch verharmlosend klingt.

Zahlreiche Landtagskandidaten in allen drei Ländern waren Unterstützer der „Erfurter Resolution“ aus dem Frühjahr 2015, eines Strategiepapiers, mit dem Poggenburg und Höcke die AfD als „Widerstandsbewegung“ gegen die „Aushöhlung der deutschen Identität“ positionieren wollten. Ein Beispiel ist Hans-Thomas Tillschneider, der nun in das Parlament in Magdeburg einziehen wird. Tillschneider, ein promovierter Islamwissenschaftler, der eigentlich in Sachsen, dem Landesverband von Parteichefin Frauke Petry, beheimatet war, hatte sich öffentlich als Unterstützer von Pegida zu erkennen gegeben. Bisher hatte Tillschneiders „Patriotische Plattform“, eine weitere Rechtsaußengruppierung innerhalb der AfD, Petry unterstützt. Allerdings nur halbherzig, um den ungeliebten Ex-Parteichef Bernd Lucke loszuwerden. Inhaltlich agiert Petry aus dieser Sicht viel zu wenig radikal.

Die Konflikte innerhalb der AfD werden zunehmen – gerade jetzt, wo die Parteibasis von Erfolgen aufgeputscht ist und Rechnungen aufgemacht werden, mit welchen Kandidaten man 2017 in den Bundestag einziehen könnte. Einen Vorgeschmack gab es am Wochenende im Hinblick auf das Parteiprogramm, das Ende April verabschiedet werden soll. Während Storch die AfD als klar islamfeindliche Kraft verankern will, sieht Petry die Sache zumindest öffentlich etwas anders. Am Samstag war sie auf Distanz zu der Forderung nach einem Beschneidungsverbot für jüdische und muslimische Jungen gegangen.

So oder so scheint der Weg der AfD in Richtung einer deutschen Variante der österreichischen FPÖ vorgezeichnet. Einer Protestbewegung, die EU-Kritik, Islamfeindlichkeit und Sozialpopulismus zusammenfasst. Als ermutigendes Zeichen wird bei der AfD betrachtet, dass die Partei vor allem bei jüngeren Wählern erfolgreich war. Allerdings wird sie nach wie vor weit überwiegend von Männern unterstützt. Laut Forschungsgruppe Wahlen geht es den meisten AfD-Anhängern finanziell gut, „überproportional viele befürchten aber eine Verschlechterung ihrer eigenen Wirtschaftslage“. Die AfD habe zwar davon profitiert, „dass sie die stark emotionalisierten Gegner von Angela Merkels Flüchtlingspolitik kanalisieren kann“. Sie habe dadurch viel Zuspruch gefunden, „aber auch noch weitaus mehr entschiedene Ablehnung“.

Diese Polarisierung ist für die AfD Fluch und Segen zugleich. Gut möglich, dass die Aussicht auf einen Einzug in den Bundestag die Konflikte fürs Erste überlagern wird und Petry an der Spitze bleibt. Gut möglich aber auch, dass sie wie Lucke schon bald Opfer dieser Entwicklung wird. Denn für internen Streit, das hat die AfD schon oft bewiesen, ist die Partei immer gut. Fabian Leber

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