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Politik: Die zweite Chance

Der Entwurf für die neue UN-Resolution wird offiziell begrüßt. Doch hinter den Kulissen gibt es Bedenken

Von Hans Monath

Um große Worte war George W. Bush nicht verlegen: Mit der Machtübergabe am 30. Juni erhielten die Iraker ihre „volle Souveränität“ zurück, sagte der US-Präsident, nachdem seine Diplomaten in der Nacht zum Mittwoch einen zweiten Entwurf für eine Irakresolution vorgelegt hatten. Zwar würdigten auch die Kritiker der ersten US-Vorlage bei den Vereinten Nationen, dass sich Washington im Vergleich zum ersten Vorschlag deutlich bewegt hat.

Doch sogar politische Analytiker in den USA weisen darauf hin, dass auch nach dem neuen Text die Besetzung des Irak andauern wird und die neue Interimsregierung in Bagdad in ihrer Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt bleibt. Mit der Befristung des Mandats für die Besatzungstruppen kamen die USA und Großbritannien den übrigen Vetomächten und anderen Sicherheitsratsmitgliedern entgegen, die eine Perspektive für das Ende der Besatzung gefordert hatten.

Die nun eingereichte zweite Fassung macht das Ende des Einsatzes von Fortschritten im politischen Aufbauprozess abhängig. Das Mandat soll spätestens dann beendet sein, wenn eine Verfassung verabschiedet ist und eine demokratisch gewählte Regierung ihr Amt antritt. Dies soll bis Dezember 2005 oder Januar 2006 erreicht werden.

Allerdings weisen UN-Diplomaten darauf hin, dass auch der neue Entwurf den Handlungsspielraum und damit das Maß der Souveränität der Übergangsregierung weiterhin nicht klar regelt. Er gibt der Übergangsregierung nämlich nicht das Recht, den Einsatz der ausländischen Truppen für beendet zu erklären. Zudem sind der Regierung bei der Gestaltung politischer Reformen die Hände gebunden. Sie kann zwar Vorschläge für Gesetzesänderungen einbringen, verabschieden wird diese aber erst die gewählte Regierung, die 2006 ins Amt kommt.

Frankreichs Präsident Jacques Chirac forderte Nachbesserungen am neuen Entwurf. „Dieses Projekt ist eine gute Diskussionsgrundlage, aber es verdient noch Verbesserungen“, sagte er am Mittwochabend. Auch in der Bundesregierung gibt es Bedenken. Die UN dürfen nicht in einer Resolution einen unklaren Status absegnen, für den sie die volle Verantwortung tragen, ohne Einfluss auf die genauen Regelungen nehmen zu können, hieß es. Die offiziellen Kommentare fielen positiv, aber verhalten aus. Berlin sieht noch Handlungsspielraum und setzt seine Hoffnungen auf einen dynamischen Verhandlungsprozess im Sicherheitsrat, in dessen Verlauf die deutsche Regierung die Glaubwürdigkeit der Übergangsregierung gegenüber den Irakern sowie die Rolle der UN weiter stärken will. „Nie war die Gelegenheit so günstig wie im Moment, denn nie waren die Amerikaner so sehr zum Kompromiss bereit“, hieß es in Regierungskreisen. Zudem hat Rot-Grün wie die anderen europäischen Regierungen kein Interesse daran, die Lage im Irak durch eine Blockade der Resolution weiter zu verschärfen.

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