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Dienstwagen im Urlaub: Ulla Schmidt ist nicht allein

Neben Gesundheitsministerin Ulla Schmidt haben auch andere Kabinettsmitglieder ihren Dienstwagen für den Urlaub genutzt - das ergab eine entsprechende Anfrage der Grünen.

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Berlin - Die private Nutzung eines Dienstwagens hat SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gerade erst in Erklärungsnot gebracht und ihre wahlkämpfende Partei Zustimmung gekostet. Dabei ist die Sache an sich für Bundesminister offenbar nichts Ungewöhnliches. Zu diesem Schluss führt jetzt eine Zusammenstellung der Bundesregierung, die der Grünen-Abgeordnete Alexander Bonde angefordert hat. Aufgerüttelt durch die Querelen um die Nutzung ihres Dienstwagens samt Fahrer durch Schmidt in ihrem spanischen Urlaubsdomizil hatte Bonde wissen wollen, ob auch andere Bundesminister im Urlaub mit ihren Wagen unterwegs sind.

Und siehe da: Sieben weitere Minister bejahten, in den vergangenen 18 Monaten ihren Dienstwagen auch privat „im Zusammenhang mit dem Urlaub“ genutzt zu haben. Mancher, wie SPD-Arbeitsminister Olaf Scholz etwa, lenkte den Wagen selbst durch Südtirol oder Norddeutschland. Andere, CSU-Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner zum Beispiel, ließen sich von ihrem Fahrer allenfalls zum Flughafen bringen. Auch SPD-Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee, SPD-Justizministerin Brigitte Zypries, ihre Parteikollegin Heidemarie Wieczorek-Zeul, der Ex-Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) und SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel stehen auf der Liste. Was allerdings noch lange nicht heißt, dass die übrigen Kabinettsmitglieder außen vor sind. Wegen erhöhter Sicherheitseinstufung tauchen sie entweder nicht in der Liste auf – oder aber sie dürfen sowieso ohne Begleitschutz im sicheren Dienstwagen keinen Schritt, und damit auch keinen Urlaubsschritt, tun.

Was offenbar alle in der Liste genannten Minister eint, ist die Abrechnung der privaten Nutzung ihrer Wagen. Das verlangt die entsprechende Richtlinie. Und daran halten sich die Minister offenbar ausnahmslos. So versteuert Arbeitsminister Scholz für die private Nutzung gut 1800 Euro pauschal im Monat. Auch Tiefensee führt kein Fahrtenbuch zur Unterscheidung von Dienst- und Privatfahrten, sondern rechnet pauschal ab. Im Schnitt müssen die Minister in diesem Fall zwischen einem und 1,5 Prozent des Wagenwertes (je nachdem, ob mit Fahrer oder ohne) im Monat steuerlich verrechnen. Bei anderen Ministern, Ilse Aigner etwa, wird jede Fahrt extra berechnet.

Bleibt die Frage, wie die Aufregung zu erklären sein mag, die vergangene Woche entstand, als bekannt wurde, dass sich Gesundheitsministerin Schmidt ihren Dienstwagen nach Spanien bringen ließ. Eine Aufregung, die sogar dazu geführt hat, dass Schmidt vorerst nicht im Spitzenteam des wahlkämpfenden SPD- Kanzlerkandidaten Steinmeier vertreten ist. Anders als bei all den nun bekannt gewordenen Fällen hat die Ministerin in der Spanientour keine Privatfahrt gesehen und argumentiert, dass sie in Spanien arbeite und die Fahrten daher dienstlich veranlasst seien. Ob es in diesem Fall für eine Ministerin verhältnismäßig ist, sich dafür extra einen Wagen nach Spanien bringen zu lassen, prüft nun der Rechnungshof.

Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des „Stern“ würden derzeit nur noch 20 Prozent der Wähler für die SPD stimmen, drei Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche. Forsa-Chef Manfred Güllner führte den Absturz auf Schmidts Dienstwagenaffäre zurück. Dass die sich derart negativ auf die Umfragewerte ausgewirkt habe, liege auch an einer „latenten Unzufriedenheit“ mit der Gesundheitsministerin, sagte Güllner dem Tagesspiegel.

SPD-Chef Franz Müntefering zog die Aussagekraft der Umfrage in Zweifel. Sie zeichne „kein realistisches Bild“ der aktuellen Stimmungslage. Andere Umfrageinstitute kämen auf „deutlich andere Zahlen“. Der Sprecher des linken SPD-Flügels, Björn Böhning, sprach Güllners Erhebungen jede Aussagekraft ab: „Forsa- Umfragen sind Schwachsinn“, sagte der Berliner SPD-Bundestagskandidat dem Tagesspiegel.

Güllner wies die Kritik zurück: „Ich kann nur das referieren, was die Menschen uns aktuell sagen.“ Zudem habe die SPD auch bei der Europawahl auf optimistische Prognosen vertraut und sei damit „schwer auf die Nase gefallen“.

Grünen-Haushälter Bonde hat sich unterdessen in einem Brief bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) über die Informationspolitik der Bundesregierung beschwert. Dem Tagesspiegel sagte Bonde, er habe bis Mittwochnachmittag keine offizielle Antwort der Regierung erhalten, obwohl sie nach einwöchiger Frist bereits am Montag hätte Auskunft geben müssen. Gleichzeitig werde aus Regierungskreisen gestreut, dass SPD-Minister Dienstfahrzeuge zu Urlaubsfahrten genutzt hätten. „Ein solches Chaos habe ich noch nicht erlebt. Ich frage mich, was das für die Beantwortung zuständige Kanzleramt eigentlich macht“, kritisierte der Grünen-Politiker.

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