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Der Rauch hat sich ein Stück weit verzogen. Das Kraftwerk auf dem Gelände des VW-Konzerns Ende Februar.

© Ronny Hartmann/AFP

Entschädigungen für betrogene Dieselkunden: Warum nicht schon früher, VW?

Jahrelang hatte sich VW geweigert, sich auf einen Vergleich einzulassen. Das lange Warten auf den Dieselvergleich hat nun ein Ende. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Mehr als vier Jahre ist es her, dass Volkswagen einräumen musste, Millionen von Käufern getäuscht zu haben. Allein in Deutschland sind es über zwei Millionen Diesel, die VW mit einer manipulierten Abgassoftware vom Band hat rollen lassen. Dieselgate ist einer der größten Industrieskandale, die Deutschland je erlebt hat.

Insofern ist es gut, dass sich Europas größter Autokonzern und die Verbraucherschützer jetzt auf Entschädigungen für die betrogenen Dieselkunden geeinigt haben. Für gut 260.000 Menschen könnte das Dieselthema damit beendet werden. Der Vergleich ist ein vernünftiger Kompromiss: Die Summen sind nicht riesig, aber vertretbar.

Und was noch wichtiger ist: Jeder Kunde, dem VW ein Angebot macht, kann sich von einem Rechtsanwalt seiner Wahl beraten lassen, ob er das Geld nehmen soll oder lieber jetzt doch noch versuchen sollte, mit einer individuellen Klage auf eigene Faust noch mehr herauszuholen.

Jahrelang hatte sich VW geweigert, sich auf einen Vergleich einzulassen. Dass der Konzern jetzt doch zumindest auf den Teil der Kunden zugeht, die sich dem Musterverfahren der Verbraucherschützer angeschlossen haben, ist gut und kann den Wolfsburgern dabei helfen, im Kampf um Ansehen und das Vertrauen der Verbraucher zumindest etwas Boden gut zu machen.

Offiziell halten die Autobauer an ihrer Sicht der Dinge fest

Hätte Volkswagen das früher getan und hätte VW nicht nur den Musterklägern, sondern allen Geschädigten von sich aus eine Entschädigung angeboten, wäre der Imagegewinn allerdings deutlich höher gewesen.

Doch VW war dazu nicht bereit. Dass der Konzern sich jetzt bewegt, liegt nicht daran, dass man in Wolfsburg zugibt, die Kunden getäuscht zu haben. Noch immer halten die Autobauer offiziell an ihrer Rechtsauffassung fest, dass sie kein Unrecht begangen und die Kunden eigentlich auch keinen Schaden haben, weil nach den Softwareupdates ja alles in Butter sei.

Doch vor den Gerichten kommen sie damit nicht durch. Fast alle Richter entscheiden inzwischen zugunsten der Verbraucher, viele Verfahren enden mit Vergleichen, die Volkswagen anbietet. Auch der Bundesgerichtshof hat bereits verbraucherfreundliche Tendenzen erkennen lassen.

Insofern ist es kein Wunder, dass VW vor dem 5. Mai die Vergleiche vom Tisch haben will. Denn an dem Tag beschäftigen sich Deutschlands höchste Zivilrichter erstmals offiziell mit Dieselgate. Und auch das Musterfeststellungsverfahren – ein sprödes, kompliziertes Instrument – hat den Druck auf VW erhöht.

Die Mühlen des Rechts mahlen langsam. Aber sie mahlen. Dass jetzt Hunderttausende schnell und einfach an eine Entschädigung kommen können, ist kein Geschenk von VW, sondern ein Erfolg des Rechtsstaats.

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