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Politik: Diplomat für Europa

Der neue niederländische Außenminister Bernard Bot soll wieder Ruhe ins EU-Geschäft bringen

Mit ihm soll die Diplomatie nach Europa zurückkehren. Bernard Bot, seit Dezember niederländischer Außenminister und Nachfolger von Jaap de Hoop Scheffer, gilt als Routinier im europäischen Geschäft. Insgesamt 16 Jahre verbrachte der 66-Jährige in der niederländischen EU-Vertretung. Nach mehr als einem Jahr im diplomatischen Ruhestand hat er eine neue Aufgabe: Wenn die Niederlande im zweiten Halbjahr 2004 die EU-Präsidentschaft übernehmen, soll Bot Gezänk und Chaos, wie es die EU unter italienischer Führung erlebte, verhindern.

Als eine der wichtigsten Entscheidungen wird dann die Frage anstehen, ob die EU der Türkei einen Termin für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen nennt. Ein Thema, das in den Niederlanden ähnlich emotional diskutiert wird wie in Deutschland. Anders als viele seiner Parteikollegen hegt der Christdemokrat Sympathien für den Kandidaten. „Ankara muss die Bedingungen erfüllen, ganz klar. Doch es geht mit großen Schritten voran. Meiner Ansicht nach ist die Türkei bereits weiter als Rumänien, das 2007 beitreten soll“, sagte Bot dem Tagesspiegel.

Doch auch die Verfassungsfrage könnte auf die Niederländer zukommen. „Wir sind bereit, den Job zu erledigen“, sagt der sonst eher verhaltene Bot entschieden. Dass es schon im ersten Halbjahr unter Irland zu einem Durchbruch kommt, hält er für unwahrscheinlich. „Die Iren werden nach Lösungen suchen, doch nach dem gescheiterten Brüsseler Gipfel müssen wir wieder bei null anfangen.“ Wie ein Kompromiss bei der umstrittenen Stimmverteilung im Ministerrat aussehen könnte, vermag Bot noch nicht zu sagen. Die Bereitschaft zur Einigung sei aber gewachsen, sagt er. Auch ohne Verfassung, davon ist Bot überzeugt, wird die EU handlungsfähig bleiben. „Ich war schon in Brüssel dabei, als wir noch sechs waren. Damals haben viele gesagt, mit zwölf Mitgliedern kann man keine Entscheidungen treffen. Tatsächlich entscheiden wir heute mit 15 Staaten schneller als früher. Es ist nicht wichtig, was auf dem Papier steht, wenn der Wille da ist, kann man sich immer einigen.“ Die Idee, eine Pioniergruppe zu bilden, die auf dem Weg der Integration zunächst allein vorangeht, hält Bot für die „letzte“ aller Lösungen. „Wir sollten die Union nicht zu einer Zwei-Klassen-Veranstaltung machen. Das wäre ein falsches Signal an die neuen Mitglieder."

Bot ist ein Mann moderater Töne. Das gilt auch im deutsch-niederländischen Verhältnis, das zuletzt durch scharfe Kritik des Haager Finanzministers Gerrit Zalm an der deutschen Haltung im Defizit-Streit getrübt wurde. Am Montag traf Bot in Berlin seinen deutschen Amtskollegen und äußerte trotz aller Sorge um den Stabilitätspakt auch Verständnis für die deutsche Situation. Joschka Fischer hat Bot offenbar beeindruckt: Fischer sei noch immer ein Kandidat für das Amt des EU-Außenministers, sagte der Christdemokrat. „Er hat in Europa viele Anhänger. Auch bei uns ist er hundertprozentig beliebt.“

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