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Politik: Diplomatische Kriegsführung

US-Außenminister Colin Powell hat bei seinem Besuch in der Türkei am Mittwoch damit begonnen, die diplomatischen Grundlagen für einen Angriff auf Irak zu legen. Powell sagte in Ankara, er habe das Thema mit seinem türkischen Amtskollegen Ismail Cem erörtert.

US-Außenminister Colin Powell hat bei seinem Besuch in der Türkei am Mittwoch damit begonnen, die diplomatischen Grundlagen für einen Angriff auf Irak zu legen. Powell sagte in Ankara, er habe das Thema mit seinem türkischen Amtskollegen Ismail Cem erörtert. Die US-Regierung habe zwar noch keine offizielle Entscheidung über "die nächste Phase im Krieg gegen den Terrorismus" getroffen, betrachte Irak aber als staatlichen Unterstützer von Terrorismus und als Gefahr für die ganze Region.

Cem betonte, dass die Türkei zwar keinen Krieg in ihrer Nachbarschaft wünsche, aber im Kampf gegen den Terrorismus zu allem bereit sei. Wie die beiden Außenminister andeuteten, soll ein Angriff auf das Regime von Saddam Hussein mit einer neuen UN-Resolution vorbereitet werden, in denen die irakische Aufrüstung und Verbindungen des Regimes zum Terrorismus angeprangert werden. Die türkische Militärführung geht einem Pressebericht zufolge davon aus, dass Irak schon innerhalb der nächsten zwei Monate angegriffen werden soll.

Die US-Regierung sei besorgt über das Regime in Irak, das den Terrorismus unterstütze und Massenvernichtungswaffen aufhäufe, sagte Powell. Diese Besorgnis habe er mit Cem erörtert. "Auch über einen neuen UN-Beschluss zu Irak haben wir gesprochen", fügte er hinzu. Ein solcher neuer Beschluss könnte der Türkei offenbar als Ausweg aus ihrer bisherigen Ablehnung eines Angriffes auf Irak und als Rechtfertigung für ein Umschwenken dienen: Cem sagte zwar, er habe seinem amerikanischen Kollegen noch einmal die bekannte Haltung der Türkei dargelegt, dass sie keine "Probleme" bei ihrem südlichen Nachbarn wünsche, fügte aber hinzu: "Unsere Ansicht ist es, dass die Frage des Irak im Lichte der UN-Beschlüsse betrachtet werden muss."

Noch deutlicher äußerten sich dazu hochrangige Vertreter der einflussreichen türkischen Militärführung in einem Zeitungsinterview. Die Türkei werde die USA bei einem Angriff auf Irak voraussichtlich ebenso unterstützen wie sie das im Golf-Krieg und in Afghanistan getan haben, sagten Gewährsleute in der Armeeführung der englischsprachigen "Turkish Daily News". "Aber wir brauchen dafür eine UN-Resolution zu (der irakischen Verwicklung in den) Terrorismus und eine breitere Mehrheit in der Anti-Terror-Koalition." Die bisherigen UN-Resolutionen reichten für einen Angriff nicht aus.

Heftigen Widerstand gegen amerikanische Angriffe auf Irak werde die Türkei aber keinesfalls leisten, erklärten diese Quellen in der Militärführung nach Bericht der "Daily News". Im Gegenteil sei die Türkei bereit, den US-Streitkräften dafür ihre Luftwaffenstützpunkte zur Verfügung zu stellen. Diese würden sie nach Einschätzung der türkischen Streitkräfte brauchen, um Saddam Hussein zu stürzen: "Ohne das Land mit Bombardierung aus der Luft weichzuklopfen, kann man dort kein strategisches Ziel erreichen", zitierte die "Daily News" ihre Gewährsleute. Die Militärschläge gegen Irak könnten mit der schon für Afghanistan-Krieg zusammengezogenen US-Streitmacht geführt werden und schon bald beginnen; die USA haben mehrere Flugzeugträger im Indischen Ozean liegen, die leicht zum Persischen Golf verlegt werden könnten.

Die Türkei hatte sich auch nach den Anschlägen vom 11. September in den USA zunächst noch energisch gegen einen Angriff auf Irak gewehrt, dessen staatliche Einheit ihr sehr am Herzen liegt. Doch jetzt richtete der türkische Botschafter in Washington den Vereinigten Staaten aus, "die Lage neu zu bewerten", sobald eine Verbindung zwischen Irak und dem Terrorismus hergestellt werden könne.

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