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Politik: Direkt statt indirekt

Palästinenserpräsident Abbas wird von USA und Arabischer Liga zu Gesprächen mit Israel gedrängt

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas tut sich sehr schwer mit dem gegen seinen Willen gefassten Beschluss der Arabischen Liga zugunsten direkter Verhandlungen mit Israel. Die palästinensische Opposition lehnt das geschlossen ab. Doch auch die USA machen Druck auf die Palästinenserführung und Israels Benjamin Netanjahu hat erneut seine Bereitschaft zu direkten Gesprächen mit Abbas betont.

Führende palästinensische Politiker in Ramallah benühten sich nach dem auch für sie überraschenden Beschluss der Arabischen Liga um Schadensbegrenzung. Sie verweisen auf Vorbedingungen, bevor man mit Israel direkt verhandeln könne. Die Arabische Liga hatte sich am Donnerstag grundsätzlich für die Wiederaufnahme direkter Verhandlungen mit Israel ausgesprochen, aber es formell Palästinenserpräsident Mahmud Abbas überlassen, wann er solche Gespräche aufnehmen wolle. Abbas hatte sich für ein Nein der Liga stark gemacht, da die indirekten Gespräche unter amerkanischer Vermittlung in den vergangenen Monaten keinerlei Fortschritte erbracht hätten.

Sowohl die Palästinenserführung als auch Amr Mussa, Generalsekretär der Arabischen Liga, verweisen darauf, dass amerikanische Garantien Voraussetzung für Verhandlungen seien. Diese müssten zumindest einen Siedlungsstopp, die grundsätzliche Anerkennung der „grünen Linie“ von 1967 als Grenze des künftigen palästinensischen Staates und einen – engen – zeitlichen Rahmen für die Verhandlungen umfassen. „Wenn schon die Ampel auf Grün anstatt wie erhofft auf Rot geschaltet wurde, dann müssen wir zumindest die Garantie erhalten, sicher über die gefährliche Kreuzung zu gelangen“, hieß es in Ramallah.

Für Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ist der Beschluss der Arabischen Liga ein Geschenk. Er äußerte sich in Jerusalem erfreut und betonte seine sofortige Verhandlungsbereitschaft. Die Palästinenserführung dagegen sieht sich zunehmendem Druck der USA ausgesetzt. Nach der Kehrtwendung des amerikanischen Präsidenten Barack Obama weg von einem betont kritischen Kurs gegenüber Israel drohen nun die USA, offen Stellung zu beziehen gegen diejenige Konfliktpartei, die nach dem kommenden September direkte Verhandlungen ablehnt. Gegen Ende September läuft sowohl das zehnmonatige israelische Moratorium zum Siedlungsbau aus als auch die viermonatige Frist, die die Arabische Liga Mahmud Abbas für die indirekten Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern zugestanden hat.

Am Freitag wandten sich alle oppositionellen Gruppierungen der Palästinenser, angeführt von den Islamisten der Hamas und des Islamischen Dschihad, sowie die radikalen Organisationen mit Sitz im Exil in Damaskus, der Hauptstadt Syriens, gegen direkte Verhandlungen mit Israel. In Gaza gab die Hamas bekannt, sie werde ein eventuelles Verhandlungsergebnis wie etwa eine Endstatusregelung unter keinen Umständen anerkennen. Der Einschlag einer Rakete unmittelbar neben einem Wohnhochhaus in der israelischen Mittelmeerküstenstadt Aschkelon am Freitagmorgen wurde in Regierungskreisen in Jerusalem als erste gefährliche Reaktion der islamistischen Verweigerungsfront auf die Verhandlungsforderung der Arabischen Liga gebrandmarkt.

Bei dem Angriff sei Sachschaden entstanden, aber niemand verletzt worden. Aschkelons Bürgermeister Benny Waknin sprach im israelischen Rundfunk vom schwersten Zwischenfall seit der israelischen Offensive im Gazastreifen zum Jahreswechsel 2008/09. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, der Angriff werde sehr ernst genommen, was als Hinweis auf eine militärische Reaktion gewertet wurde. Aschkelon befindet sich rund zwölf Kilometer von der Grenze zum Gazastreifen. Seit dem dreiwöchigen Gazakrieg sind zwar immer wieder israelische Städte unter Beschuss geraten. Allerdings handelte es sich zumeist um kleinere Orte, die näher an der Grenze liegen. Die israelische Armee reagiert meist mit Angriffen auf Ziele im Gazastreifen. Ziel der israelischen Gazaoffensive war es, Raketenangriffe militanter Palästinenser zu stoppen.

Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen (UN) forderte Israel am Freitag auf, die Blockade des Gazastreifens aufzuheben. Zudem müsse der Sturmangriff der israelischen Armee auf einen Schiffskonvoi propalästinensischer Aktivisten von unabhängiger Seite untersucht werden. mit rtr

Charles Landsmann[Tel Aviv]

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