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Politik: Disziplin dringend gesucht

SPD-Fraktion will auf Abweichler einwirken

Berlin - Mitarbeiter der Fraktion oder der Ministerien sind nicht zugelassen, wenn die SPD-Bundestagsabgeordneten am Dienstag zu ihrer dritten Fraktionssitzung in diesem Jahr zusammenkommen. Man will unter sich sein, denn auf der Tagesordnung steht Vergangenheitsbewältigung – und die kann schmerzhaft werden.

Aufgearbeitet werden soll nach dem Willen der Fraktionsführung das abweichende Abstimmungsverhalten etlicher Genossen bei der umstrittenen Gesundheitsreform. 20 Abgeordnete hatten im Plenum dagegen gestimmt, darunter sieben Mitglieder des Gesundheitsausschusses. Vor allem diese sieben müssen den Zorn der Fraktion fürchten, weil sie im Ausschuss nicht bereit waren, dem Mehrheitswillen zu folgen und den Weg für die zweite und dritte Lesung des Gesetzes frei zu machen.

Vertreter des linken Parteiflügels befürchten nun, dass die Fraktionssitzung zu einer Art Strafgerichtsversammlung unter dem Vorsitz von SPD-Fraktionschef Peter Struck wird. Der hatte bereits nach der Bundestagsentscheidung Konsequenzen angekündigt und indirekt mit der Abberufung der Abweichler aus dem Ausschuss gedroht.

Dass es tatsächlich so weit kommt, wird in Fraktionskreisen jedoch bezweifelt. Pläne, wonach die Fraktion den Geschäftsführenden Vorstand am Dienstag mit der Neubesetzung des Ausschusses beauftragen sollte, seien inzwischen verworfen worden, hieß es. Es werde deshalb wohl bei heftiger Kritik an den Dissidenten bleiben. Abgeordnete wie der Gesundheitsexperte Karl Lauterbach müssen sich dabei freilich auf eine kräftige Abreibung gefasst machen. „Die Leute haben einfach die Nase voll, dass man sich auf Kosten der Fraktion einen schlanken Fuß macht und der Mehrheit in den Rücken fällt, um in der Öffentlichkeit zu glänzen“, sagt ein Vertreter des reformorientierten SPD-„Netzwerkes“.

Die SPD-Führung erhofft sich von der Aussprache auch eine disziplinierende Wirkung für die Zukunft. Denn die hält weitere Bewährungsproben für die Regierungsfraktion SPD bereit: Die Rente mit 67 von Vizekanzler Franz Müntefering und die Unternehmensteuerreform von Finanzminister Peer Steinbrück sind ebenfalls umstritten. So droht die Parlamentarische Linke bereits mit Ablehnung der Unternehmensteuerreform, weil Experten Steuerausfälle von rund acht Milliarden im ersten Jahr errechnet haben – statt der in der SPD verabredeten fünf. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß hat denn auch am Freitag in einem Brief an alle SPD-Abgeordneten schon einmal ein paar Merksätze für die Zukunft verschickt: „Loyalität gegenüber der Fraktion ist mehr als purer Selbstzweck. Sie ist eine wesentliche Voraussetzung, um auch zukünftig unsere politischen Überzeugungen in konkrete Politik umsetzen zu können.“

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