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Doppelte Staatsbürgerschaft? Nach langem politischen Hin und Her soll dies nun möglich werden.

© dpa

Doppelte Staatsbürgerschaft: Doppelpass soll bald möglich sein

Der Innenausschuss-Chef Wolfgang Bosbach kündigte eine Reform der Optionsregel bis Ostern an. Kritik kommt vom Sachverständigenrat. Definitionsprobleme seien vorprogrammiert.

In Deutschland geborene und aufgewachsene Ausländer sollen schon bald die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft haben. Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“, er erwarte einen Gesetzesentwurf zur Reform der sogenannten Optionsregelung bis zur Osterpause. Die rasche Umsetzung dieses Teils des Koalitionsvertrags könnte etwa 5.000 jungen Leuten helfen, die sonst noch 2014 gezwungen wären, entweder auf die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern oder auf die deutsche zu verzichten.

Neuregelung hat einen Haken

Die Optionsregelung, die Pflicht, sich zwischen der Staatsbürgerschaft der Eltern und der deutschen zu entscheiden, war Teil der rot-grünen Reform der Staatsbürgerschaft im Jahre 2000, die erstmals das bis dahin gültige Herkunftsrecht (ius sanguinis) durch das Geburtsortsprinzip ergänzte und auch Kindern von Ausländern grundsätzlich die deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannte. Auf Druck der CDU-regierten Länder, die gegen den Doppelpass ins Feld führten, er schaffe Loyalitätskonflikte zwischen beiden Zugehörigkeiten, war die Optionsregel eingeführt worden: Die doppelte Staatsangehörigkeit galt daher nur bis zum 18. Lebensjahr dieser Kinder; danach hatten sie fünf Jahre Zeit, sich für eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden. Entschieden sie nicht, wurde ihnen die deutsche entzogen.

Im Koalitionsvertrag setzte die SPD nun durch, dass der Zwang zur Entscheidung fällt – allerdings nicht für Altfälle. Massive Kritik an der Optionspflicht hatte es von Anfang an gegeben, weil sie junge Menschen ihrerseits in Konflikte zwischen Herkunftsfamilie und dem Wunsch nach Zugehörigkeit zu Deutschland stürzen könne und weil sie Lebensrealitäten in der Einwanderungsgesellschaft leugne. Aber auch konservative Juristen argumentierten, dass die alte Sorge um die Loyalität der Staatsbürger wohl nicht mehr berechtigt sei: Längst gilt bereits für etwa die Hälfte der Neueinbürgerungen, was das deutsche Recht eigentlich als Ausnahme will, dass dabei nämlich Mehrfachstaatsbürgerschaften hingenommen werden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn das Land der Geburt seine Bürger nicht aus der Staatsbürgerschaft entlässt, wie der Iran. Andererseits haben allein im letzten Jahr 248 junge Deutsche durch die Optionsregel ihre deutsche Staatsbürgerschaft verloren, wie die Bundesregierung auf Anfrage der Links-Fraktion im Bundestag bekannt gab.

Definitionsprobleme vorprogrammiert

Kritik am Kompromiss der Koalition kam am Freitag vom unabhängigen „Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration“ (SVR). Seine Vorsitzende, die Göttinger Juraprofessorin Christine Langenfeld, erklärte, er stelle „den Gesetzgeber vor enorme Schwierigkeiten“. Dass von Kindern die Rede sei, die hier geboren und aufgewachsen seien, sei „ein Einfallstor für Definitionsprobleme und Bürokratieaufbau“. Unklar bleibe, wie sich Aufwachsen in Deutschland nachweisen lasse. Dies am Schulbesuch festzumachen, wie dies der CDU-Politiker Bosbach am Freitag erneut vorschlug, sei „weder praxistauglich noch gerecht“, so Langenfeld. Das schaffe wieder heikle Unterschiede zwischen denen, bei denen Schulzeit und Schulabschluss auseinanderfielen – die das eine in Deutschland, das andere im Ausland absolviert haben.

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